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Im Schatten der Stapo

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Viele wünschen sie: verheiratete Priester des lateinischen Ritus und weibliche Diakone. Man mag über- rascht sein: es gibt sie seit Jahren in der benachbarten Tschecho-Slowa- kei. Nach Abschluß und Resümee eines erfolgreichen und medien- wirksamen Papstbesuches (FUR- CHE 17/1990) ist wieder der Alltag eingekehrt. Man beschäftigt sich mit pastoralen Problemen und Konzepten, grübelt über der Frage, woher Personen und Finanzen kommen sollen.

Wie der FURCHE in Prag und in Rom bestätigt wurde, ist seit eini- ger Zeit die Bischofs- und Priester- frage nach den mehr oder minder stillen Revolutionen in der Tsche- cho-Slowakei und in Rumänien anhängig. Das Problem der in den Jahren kommunistischer Unter- drückung von Kirche und Religion zur Aufrechterhaltung kirchlicher Strukturen geheim geweihten und im Untergrund tätigen Bischöfe und Priester bereitet den entsprechen- den Stellen in der CSFR, aber auch in Rumänien Kopfzerbrechen.

Gelöst hat Rom die Bischofsfrage in Rumänien: zwei auf Betreiben einer Seherin und nicht im Auf- trage Roms geweihte „Geheimbi- schöfe" kamen bei den jüngsten Bischofsernennungen für die Bis-

tümer des lateinischen und des byzantinischen Ritus nicht zum Zug.

Noch ungelöst ist die Frage der Priesterweihe für verheiratete Männer in der benachbarten Tsche- cho-Slowakei. Dieses Problem kam jüngst durch einen in Rom einge- troffenen vertraulichen Bericht eines gewissen „Monsignore Jan Blaha" ins Rollen. „Bischof" Bla- ha, Bittsteller im Vatikan, gibt sich als Nachfolger des im Vorjahr ver- storbenen „Bischofs" Dr. phil. Fe- lix Davidek aus Brünn aus, dessen Konsekrator er auch gewesen sein will. Blaha will übrigens durch den Jesuiten Peter Dubovsky die Bi- schofsweihe erhalten haben.

Das Problem, von dem besonders Mähren betroffen ist,.umfaßt nach Angaben aus Rom rund 350 Weihen (verheiratete Männer und Frauen, Priester und Diakone). Der Autor dieser Zeilen hat schon 1980 die zuständigen Stellen im Vatikan auf den „Fall Davidek" und seine Gemeinschaft aufmerksam ge- macht. Auf Davidek gehen die ge- nannten geheimen Priesterweihen zurück.

Römische Erhebungen wurden damals durch die Staatspolizei er- schwert, ja verhindert. Man darf heute annehmen, daß die Behörden

an Davidek im Sinne der Förde- rung einer Kirchenspaltung größ- tes Interesse zeigten, die Person Davideks zwar beschatten, aber doch nicht verschwinden ließen.

Davidek selbst hat den Kontakt zu römischen Stellen nie abge- brochen, im Gegenteil: seine in formvollendetem Latein abgefaßten Berichte waren als „Zuckerl" ei- nem kleinen Kreis von Insidern bekannt. Nun prüft unter anderen der oberste Glaubenswächter, Kardinal Joseph Ratzinger, die nicht ganz unerwartet aufgetreten Probleme.

Durch Blahas Bericht haben sich die einschlägigen Probleme „ver- dichtet". So wollen Insider über- dies von nicht wenigen geheimen, nicht im direkten Auftrag Roms gespendeten Bischofsweihen wis- sen. Ihre Zahl wird unter der Hand mit rund 30 angegeben. Tatsäch- lich ist - sieht man vom Fall des Königgrätzer Bischofs Karel Otce- nasek ab, der nicht weniger als 40 Jahre auf seine Amtseinführung warten mußte - nur „Geheimbi- schof" Jan Korec zum Diözesanbi- schof von Nitra aufgestiegen. Wei- tere „Geheimbischöfe" in der CSFR, namentlich bekannt, wurden vom Papst nicht berücksichtigt.

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