6881015-1979_09_18.jpg
Digital In Arbeit

Kontrolle im Wiener Rathaus

Werbung
Werbung
Werbung

Im vergangenen Wahlkampf für die Gemeinderatswahlen haben die Wiener Freiheitlichen am nachdrücklichsten von allen Parteien die Notwendigkeit einer umfassenden Kontrolle der Stadtverwaltung in den Vordergrund gesteht.

Der Anlaß für diese Schwerpunktbildung liegt auf der Hand: Die Wiener Bevölkerung wurde in den letzten Jahren mit einer ununterbrochenen Folge von Fehlleistungen und Versäumnissen im kommunalen Bereich konfrontiert. Riesige Pleiten bei den gemeinwirtschaftlichen Betrieben der Stadt, verlustreiche Transaktionen mit Grundstücksspekulanten, haarsträubende Fehlplanungen und folgenschwere Schlampereien haben die Bürger nicht nur verärgert, sondern in vielen Fällen auch zu einer tiefen Resignation veranlaßt.

Die beiden Minderheitsparteien des Rathauses haben daraus unterschiedliche Folgerungen gezogen. Dr. Busek und die Wiener ÖVP glauben zu einer Verbesserung der Situation dadurch beitragen zu können, daß sie eine Mitregierung im Stadt-

senat anstreben, wobei sie sich bemühen, diese Mitbeteiligung auch verfassungsmäßig zu verankern. Wir Freiheitlichen sind nach wie vor der Auffassung, daß, angesichts der absoluten Mehrheit der Wiener SPÖ, sich für die Minderheit nur die verstärkte Kontrolle aller Bereiche der Wiener Verwaltung als sinnvolle Aufgabe anbietet.

Diese natürliche Kontrollfunktion der politischen Minderheiten wird dadurch erschwert, daß die verfassungsmäßigen Kontrolleinrichtungen in Wien noch recht bescheiden sind.

Unsere Hauptforderung in dieser Richtung ist die Unabhängigkeit des bisher dem Bürgermeister unmittelbar unterstellten Kontrollämtes vom Magistrat und seine Zuordnung als Organ der Volksvertretung.

Bei den letzten Verfassungsverhandlungen war die sozialistische Rathausmehrheit in Wien lediglich

bereit, einen Kontrollausschuß des Gemeinderates einzurichten, dessen Vorsitz in weiterer Folge der FPÖ als der konsequentesten Verfechterin der Kontrollfunktion übertragen wurde. Zur Einführung qualifizierter Minderheitsrechte in diesem Gremium konnte sich die Mehrheitspartei bisher nicht durchringen.

Nach unseren Vorstellungen müßte es etwa einem Viertel der Ausschußmitglieder möglich sein, dem Kontrollamt bestimmte Prüfaufträge zu erteilen. Nach der derzeitigen Verfassungslage können derartige Aufträge an die städtische Kontrollbehörde nur vom Bürgermeister, der Mehrheit des Kontrollausschusses (Zusammensetzung: 10 SPÖ, 5 ÖVP, 1 FPÖ) oder des Gemeinderates bzw. für einen bestimmten Ressortbereich vom zuständigen Stadtrat veranlaßt werden.

Das bedeutet, daß abgesehen von den Kontrollen des Rechnungshofes, die im Hinblick auf das umfangreiche Aufgabengebiet der obersten Kontrollbehörde der Republik nur in zeitlich größeren Abständen stattfinden können, alle unerwünschten Initiativen zur Vornahme von Uberprüfungen im Bereich der Stadtverwaltung von der regierenden Mehrheitspartei abgeblockt werden können.

Als vor wenigen Tagen etwa durch die Veröffentlichung des Kontrollberichtes des Rechnungshofes die Zweckmäßigkeit der Auftragserteilung für die Erstellung einer Spitalskostenrechnung durch das Gesundheitsministerium aufgerollt wurde, gab es mehrere Hinweise auf einen parallelen Vorgang im Bereich des Wiener Allgemeinen Krankenhauses.

Was lag näher als zu verlangen, daß auch die Auftragsvergabe sowie die Angemessenheit des vereinbarten Honorars im Bereich des Wiener Allgemeinen Krankenhauses einer sofortigen Uberprüfung unterzogen wird. Da die Möglichkeit zur Erteilung eines Prüfauftrages für eine Minderheitspartei, wie oben dargestellt, nicht besteht, haben wir Freiheitlichen versucht, mit einem dringlichen Antrag die Öffentlichkeit für diese Vorgänge zu interessieren.

Auf diesem Umweg haben wir Erfolg gehabt. Die sozialistische Gemeinderatsmehrheit hat zwar formal unserem Antrag die Dringlichkeit nicht zuerkannt, aber Bürgermeister Gratz hat sich auf Grund der öffentlichen Diskussion veranlaßt gesehen, seinerseits den angestrebten Prüfauftrag an das Kontrollamt zu erteilen.

Dieses Beispiel zeigt, wie schwer es einer Oppositionspartei in Wien gemacht wird, ihre Kontrollaufgabe zu erfüllen. Wenn wir dennoch, oft auf indirektem Weg, Erfolge in unserem Bemühen um eine bürgernahe und sparsame Verwaltung erzielen, so ist das immer wieder das Ergebnis von zäher und beharrlicher Arbeit.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung