Katholische Kirche und LGTBQ-Segnungen - ein Scherbenhaufen
Rom rudert in Bezug auf die Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare zurück. Die Glaubenshüter der katholischen Kirche verschlimmbesserten ihr eigenes Dokument dazu.
Rom rudert in Bezug auf die Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare zurück. Die Glaubenshüter der katholischen Kirche verschlimmbesserten ihr eigenes Dokument dazu.
Die vor Weihnachten an dieser Stelle konstatierte „schöne Bescherung“ entpuppt sich als vatikanischer Scherbenhaufen: Anders sind die Entwicklungen nach der römischen Erklärung Fiducia supplicans über die Segnung von „Paaren in irregulären Beziehungen“ (also gleichgeschlechtliche Paare und geschiedene Wiederverheiratete) nicht zu charakterisieren.
Dass es im konservativen Kirchenlager Entrüstung geben würde, war vorauszusehen. Und auch, dass diese Parteiung weltweit gut vernetzt ist und laut schreit, anstatt sich tatsächlich einer – auch kontroversen – Debatte zu stellen. Der von Papst Franziskus als Glaubenshüter emeritierte deutsche Kardinal Gerhard Müller setzte sich sofort an die Spitze der Empörten, qualifizierte das Ansinnen der Segnungen als „Gotteslästerung“ – und verlautete, wäre er noch an der Spitze des Glaubensdikasteriums, hätte es Fiducia supplicans nie gegeben.
Von afrikanischen Bischofskonferenzen, aber auch aus Polen oder Kasachstan kam lautstarke Ablehnung. Die Krone setzte dem Ganzen der – katholische – Staatspräsident von Burundi auf, der Homosexuelle öffentlicher Steinigung anempfahl. Bislang hörte man allerdings keine prominente Stimme, die diese – zurzeit noch verbale – Barbarei als „Gotteslästerung“ brandmarkte.
Dafür schob Kardinal Víctor Manuel Fernández, der Chef des Glaubensdikasteriums, am 4. Jänner eine Erklärung zu Fiducia supplicans nach, in der er der konservativen Fundamentalopposition den Instant-Segen auch für schwule und lesbische Paare doch noch schmackhaft zu machen suchte.
„Kann das jemand ernst nehmen?“
Dass „Instant-Segen“ gewiss nicht falsch ist, ergibt sich aus den „Klärungen“, die in der nachgereichten Erklärung zu finden sind: Es ginge nur um „Segnungen aus pastoraler Fürsorge“, diese dürften nur sehr kurz sein („10 oder 15 Sekunden“!) und keine rituelle Form annehmen. Außerdem dürften sie nie im direkten Zusammenhang mit einer standesamtlichen Feier und in Kleidung, mit Gesten und Worten, die Ausdruck für eine Ehe sind, stattfinden. Und auch nicht an einem wichtigen Platz im Kirchengebäude oder vor dem Altar.
Rom agiert wieder einmal, indem es verschlimmbessert. Der Wiener Pastoraltheolge Johann Pock nennt diese Vorgänge „Herumeiern“ des Vatikans und man schließt sich seiner – rhetorischen – Frage an: „Kann das irgendjemand ernst nehmen?“
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