Das kirchliche Kreuz mit der Sexualität
Was muss noch passieren, damit in der katholischen Kirche nach allem Missbrauch eine demütig-selbstkritische und an der Realität orientierte Haltung zur Sexualität einkehrt? Ein Gastkommentar.
Was muss noch passieren, damit in der katholischen Kirche nach allem Missbrauch eine demütig-selbstkritische und an der Realität orientierte Haltung zur Sexualität einkehrt? Ein Gastkommentar.
Wieder einmal diskutierte man kürzlich in der katholischen Kirche die „Sündhaftigkeit“ der Homosexualität. Würdenträger einschließlich des Familienbischofs Hermann Glettler winden sich zwar etwas, wenn sie heute die Segnung homosexueller Paare befürworten – aber sie tun es, obwohl der Vatikan es ihnen im März 2021 per Dekret untersagt hatte. Unfolgsame Bischöfe?
So erfrischend das wäre, so ist es für mich nur ein weiteres Beispiel der ratlosen und halbherzigen Reform kirchlicher Auffassungen zur Sexualmoral, auch wenn einzelne Länder diese im Rahmen des synodalen Prozesses vorantreiben (und prompt vatikanisch gemaßregelt werden wie die Deutschen). Beim Thema Sexualität versiegt stellenweise auch meine sonst sehr ausgeprägte Wertschätzung für Papst Franziskus. Zwar hat er sich zum Thema Homosexualität schon vor Jahren weit aus dem Fenster gelehnt, als er etwa 2013 am Rückflug vom Weltjugendtag in Rio sagte: „Wenn einer gay ist und den Herrn sucht und guten Willen hat – wer bin dann ich, ihn zu verurteilen?“ Nun aber redet auch er bei „ausgelebter“ Homosexualität wieder von „Sünde“, um gleich alles, was außerhalb der Ehe (die Homosexuellen ja nicht gewährt ist) passiert, als Sünde zu brandmarken.
Nur eine neue Sprache?
In welchem Jahrhundert leben die Herren? Der Wiener Dompfarrer Toni Faber, der auch homosexuelle Paare segnet, meinte gegenüber dem ORF, dass man um eine „andere Sprache ringen“ müsse, um solche Menschen besser zu begleiten. Ist es nur die – zum Thema Sexualität ja häufig auffallend konfabulierende – kirchliche Sprache? Oder sollte nicht auch einmal der Blick auf Fragen von Sexualität und Gender durch einen ernsthaften Dialog mit den Humanwissenschaften geschärft werden?
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