SynodeMesse - © Georg Schimmerl / ED Wien  -  Eröffnungsmesse der Weltsynode am 4. Oktober

Beginn der Weltsynode: Franziskus setzt Marken

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Die Rufe nach Reformen in der katholischen Kirche sind übergroß. Desgleichen die Probleme, die anzugehen – und zu lösen sind. Anmerkungen zum Beginn der Weltsynode in Rom.

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Die Rufe nach Reformen in der katholischen Kirche sind übergroß. Desgleichen die Probleme, die anzugehen – und zu lösen sind. Anmerkungen zum Beginn der Weltsynode in Rom.

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Der 4. Oktober 2023 markiert Entscheidendes im Pontifikat von Franziskus. Mit dem Beginn der ersten von zwei Sessionen der Weltsynode sollen breitere und nachhaltigere Beteiligungsformen, die Kirche global wie regional zu führen, entwickelt werden. Erstmals können nicht nur Bischöfe, sondern – obwohl in klarer Minderzahl – auch Laiinnen und Laien an solch einer Synode stimmberechtigt teilnehmen.

Franziskus bestellt das Feld, das er seiner Kirche hinterlassen will: Letztes Wochenende kreierte er neue Kardinäle, zurzeit 136 Purpurträger sind die höchste Zahl jener, die an einer Papstwahl teilnehmen können – mehr als zwei Drittel davon hat Franziskus ernannt. Am 4. Oktober veröffentlichte der Papst auch das Mahnschreiben Laudate Deum, mit dem er seine Ökologie-Enzyklika Laudato Si’ aus 2015 fortschreibt, das säkular meistrezipierte Dokument des Pontifikats.

Die Marken, die dieser Papst mit 86 setzt, sind beeindruckend. Und trotzdem gleichen auch seine Versuche, die katholische Kirche neu auf den Weg zubringen, einer Quadratur des Kreises: Dass diese Kirche sich im 19. Jahrhundert mit der Installation eines völlig monokratischen Herrschaftssystems durchs I. Vatikanum in eine Sackgasse verrannt hat, ist auch vielen ihrer Mitglieder längst klar. Aber lässt sich der damit einhergehende Totalitarismus von innen her reformieren? Das ist eine der großen Fragen, die am Vorabend der Weltsynode über den mehr als 450 Synodalen schweben.

Dieser Tage wurde auch bekannt, dass einmal mehr eine erzkonservative Kardinalsfraktion dem Papst „Dubia – Zweifel“ zu einigen heißen Eisen übermittelt hatte, in denen Klarheit zu heißen Eisen wie der Segnung von Homosexuellen oder der Frage der Frauenordination gefordert wurde. Diese Herren wollten einmal mehr hören, dass alles klar und eindeutig geregelt sei: Es gebe es so etwas wie eine eindeutige unveränderliche katholische Lehre.

Spielräume werden erweitert

Völlig unüblich, dass nun auch die Antworten des Papstes auf diese Vorhalte veröffentlicht wurden, die darauf hinausliefen, dass Franziskus die traditionellen Lehren bekräftigte, diese aber an Auslegungen koppelte, die sehr wohl weiterentwickelt werden könnten. Zu den Segnungen verwies Franziskus auch auf die pastorale Verantwortung von Seelsorgern im Einzelfall. Und bei der Frauenordination bekräftigte er das diesbezügliche Verbot von Johannes Paul II., wies aber gleichzeitig darauf hin, dass dieses kein Dogma sei und dass man die Frage dennoch weiter untersuchen könne.

Natürlich waren die zweifelnden Kardinäle mit dieser Antwort nicht zufrieden, aber das Gros der Gläubigen dürfte aufatmen über die Spielräume, die der Papst damit erweitert hat. Das bedeutet nicht, dass das Unternehmen Weltsynode einfacher wird. Um bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zu bleiben: Während hierzulande selbige ja längst praktiziert und geduldet wird, schaut das in afrikanischen Ländern, wo etwa die Todesstrafe für homosexuelle Handlungen droht, ganz anders aus. Die anglikanische Weltgemeinschaft zerreißt es zurzeit genau wegen dieser Frage .

Derartige Konflikte werden auch in der katholischen Kirche schlagend. Die Weltsyn­ode ist da ein Versuch, die diesbezüglichen Aushandlungsprozesse zu strukturieren. Dass dabei – vom Papst abwärts – immer wieder vor „zuviel Demokratie“ gewarnt wird, zeigt, wie sehr trotz allem Veränderungswillen die Angst der Aufgabe althergebrachter Macht mit Händen zu greifen ist.

Vielleicht hilft der Blick zu synodal verfassten Kirchen. Der lutherische Altbischof Michael Bünker zeigte da in der letztwöchigen FURCHE, dass evangelische Synoden geistliche Prozesse sind, die gemeinsame Entscheidungsfindung (also „demokratische“ Elemente) integrieren können. Man wünscht sich, dass solches auch im katholischen Kosmos zu greifen beginnt.

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