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ÖVP-Konzepte: Mehr Mut zur Wiederholung

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Mit diesem Bundesparteitag tritt die Volkspartei in den politischen Ideen-Wettbewerb über die Zukunft unseres Landes ein.“ Mit diesen Worten hatte ÖVP-Obmann Josef Taus vor den Delegierten des 19. ordentlichen Bundesparteitages in Linz am 8. März 1977 den Startschuß für die Phase der Alternativen gegeben.

Unter dem Stichwort „Neue.Wege für Österreich“ liegen mittlerweile 12 der 16 angekündigten Konzepte auf dem Tisch.

Schon in der propagandistischen Aufbereitung unterscheiden sich die

in der Ära Taus entstandenen „Neue Wege für Österreich“ wesentlich von früheren Versuchen, dem Wählervolk die Volkspartei als Alternative glaubwürdig anzubieten: 1971 noch glaubte die ÖVP, den Wählern mit urplötzlich und mit voller Wucht auf den Tisch geknallten „107 Punkten für Österreich“ imponieren zu können: Mit welchem Erfolg, ist ja bekannt.

Aber auch in der Vorbereitungsphasefür die Wahlen von 1975 hatte Karl Schleimers Volkspartei keine besonders glückliche Hand: Die vier Pläne zur Lebensqualität enthalten zwar eine Fülle wirklich erstklassi-

ger Vorschläge und Anregungen, doch ist es nicht gelungen, den wertvollen Inhalt der Pläne in irgendeiner Form zum Wähler weiterzu-transportieren. Daß die Pläne nur einmal präsentiert und später eher halbherzig zur Lektüre weiterempfohlen wurden, hat ihre Qualität in einem falschen Licht erscheinen lassen.

Das Konzept, auf das die ÖVP diesmal setzt, ist ein anderes: Seit Ende 1977 wurden pausenlos neue Alternativen - von der Arbeitsplatzsicherung bis zum Energiesparen, von der Kommunalpolitik bis zur Gesundheit - vorgestellt. Immer wieder war von ihnen die Rede. Die Medien haben deshalb auch viel deutlicher vom schwarzen Alternativ-Programm Notiz genommen. Außerdem wird die Volkspartei den Wählern Anfang März die bis dahin vorhandenen 16 Einzelkonzepte zu einer gerafften, schwerpunktmäßigen Wahlplattform zusammenfassen.

Zu den unbestrittenen Säulen des Alternativen-Gebäudes der großen Oppositionspartei zählt das zuletzt vorgestellte Konzept ,Jier Gesundheit besser dienen“, das aus der Feder des ÖVP-Gesundheitssprechers Günter Wiesinger stammt. Ein wichtiger Schwerpunkt im Gesundheitspapier: Solange dies medizinisch vertretbar ist, soll der Patient zu Hause behandelt werden.

Freilich müßte zuvor der „Mangel an schnell erreichbaren und gut organisierten ambulanten Diensten zur regionalen Krankenbetreuung“

behoben werden. Wiesinger schlägt für ganz Österreich die Schaffung sozialmedizinischer Betreuungsdienste vor. Der Ausbau des Systems der mobilen Krankenschwestern, der Hauskrankenpflege, der Alten-und Familienpflege sowie der Nachbarschaftshilfe könnte dazu beitragen, daß unnötige Einweisungen von reinen Pflegefällen ins Spital vermieden und Kosten eingespart werden.

Daß man mit den Konzepten diesmal auf dem richtigen Weg ist, glaubt man in der ÖVP zu wissen: „Das Taus-Konzept zur Sicherung der Arbeitsplätze war sicher ein Durchbruch“, meint etwa Ernst Streeruwitz, der mit Heribert Steinbauer und anderen ÖVP-Denkern derzeit an der Wahlplattform bastelt. Seit es dieses Konzept gibt, sei in den Augen der Bevölkerung die Kompetenz der SPÖ in der Sicherung der Arbeitsplätze stark gesunken, jene der ÖVP gestiegen.

Daß jeder Wähler die politischen Konzepte der Parteien studiert, bleibt Illusion. Jede Partei kann sich schon überglücklich schätzen, wenn es ihr gelingt, den Wähler zu überzeugen, daß sie Konzepte hat. Wenn die ÖVP diesmal dem Ziel näher ist, dann deshalb, weil sie sich nicht scheut, gute und verständliche Forderungen immer wieder von neuem zu trommeln.

In der ÖVP hat der „Mut zur Wiederholung“ zugenommen.

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