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Innenminister Carr hat im Unterhaus betönt, daß Großbritannien nie wieder eine Masseneinwanderung von Asiaten zulassen könne, wie sie vor einiger Zeit im Fall der aus Uganda ausgewiesenen stattgefunden, habe. Der Ton liegt auf „Massen"; kontrollierte Einwanderung in bescheidenem Umfang wird auch weiterhin möglich sein.

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Innenminister Carr hat im Unterhaus betönt, daß Großbritannien nie wieder eine Masseneinwanderung von Asiaten zulassen könne, wie sie vor einiger Zeit im Fall der aus Uganda ausgewiesenen stattgefunden, habe. Der Ton liegt auf „Massen"; kontrollierte Einwanderung in bescheidenem Umfang wird auch weiterhin möglich sein.

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Infolge der unbehinderten Einwanderung aus Ländern des Commonwealth in den fünfziger und sechziger Jahren beträgt die Zahl der Farbigen in Großbritannien heute ungefähr zwei Millionen. Im allgemeinen ist es gelungen, diese Einwanderer einigermaßen zu assimilieren. Aber das Ganze hat natürlich soziale Belastungen und Spannungen mit sich gebracht, und das britische Volk hat sich mit dem Ausmaß und dem Tempo dieser Entwicklung niemals völlig abgefunden. Seit Anfang der sechziger Jahre haben aufeinanderfolgende britische Regierungen Schritte unternommen, um die Einwanderung unter Kontrolle zu bringen, und die Zahl der Einwanderer ist jetzt viel geringer als früher. Im Fall von Inhabern britischer Pässe in Ostafrika beträgt die jährliche Quote etwa dreitausend. Aber der unmenschliche Beschluß General Amins, alle Asiaten in Uganda, die nicht die Staatsbürgerschaft des Landes angenommen hatten, innerhalb kurzer Zeit auszuweisen, stellte die britische Regierung vor ein moralisches Problem, und so mußte man das Quotensystem vorübergehend aufgeben. Insgesamt sind 27.000 Asiaten aus Uganda nach Großbritannien gekommen, und andere Länder haben auf Ansuchen der britischen Regierung mehrere tausend weitere aufgenommen.

Kürzlich wurde die Frage aufgeworfen, ob Kenia, wo 40.000 Asiaten mit britischen Pässen leben, vielleicht dem Beispiel Ugandas folgen werde. Kenia und Tansania haben die Absicht, die Afrikanisierung zu beschleunigen. Hinzu kommen mehrere hunderttausend Inhaber britischer Pässe in verschiedenen Ländern Asiens. Rückblickend scheint es, daß man unklug gehandelt hat, als man diesen Personen bei der Umwandlung der Kolonien in souveräne Staaten erlaubte, ihre britische Staatsbürgerschaft zu behalten. Aber wie dem auch sei: damit hatte Großbritannien ihnen gegenüber rechtliche wie moralische Verantwortung. Fest steht, daß das britische Volk nach der Erfahrung mit Uganda einen weiteren Massenzustrom nicht ohne weiteres akzeptieren würde. Die Regierung ist sich darüber im klaren, und sie weiß, daß sich andernfalls die Beziehungen zwischen den Rassen verschlechtern und die Interessen der bereits Eingewanderten Schaden erleiden würden. Die Erklärung der britischen Regierung zum jetzigen Zeitpunkt ist als eine Warnung an jeden Staat gedacht, der vielleicht die Absicht hätte, dem Beispiel Ugandas zu folgen; aber sie könnte natürlich auch zu einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen Großbritannien und denjenigen Staaten führen, in denen viele Inhaber britischer Pässe leben.

Gleichzeitig hat die Regierung die Einwanderungsbestimmungen geändert, die sich vor allem auf Kanada, Australien und Neuseeland beziehen. Künftig soll es nicht nur Commonwealth-Bürgern mit einem in Großbritannien geborenen Elternteil gestattet sein, sich dort ohne Arbeitserlaubnis und ohne jede Form von Überwachung niederzulassen, sondern auch solchen, die eine englische Großmutter oder einen englischen Großvater nachweisen können. Die ursprünglichen Vorschläge der Regierung waren vom Parlament abgelehnt worden, weil man sich sagte, daß danach Bürger der alten Commonwealth-Länder, die mit Großbritannien durch starke Familienbande verknüpft sind, gegenüber Bürgern von EWG-Ländern benachteiligt würden. Tatsächlich hat es immer eine Doppelbewegung gegeben: aus Großbritannien in die alten weißen Commonwealth-Länder und in umgekehrter Richtung. Uberwiegend sind jedoch Menschen aus Großbritannien ausgewandert, und es- ist unwahrscheinlich, daß diese Lockerung der Bestimmungen die Situation, was die Einwanderung anlangt, wesentlich verändern wird.

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