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Programmierte Dürftigkeit

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Würden sich die Medien mit den Parteien ähnlich inten- siv auseinandersetzen wie die Par- teien in ihren Wahlprogrammen mit den Medien - sie kämen praktisch nicht vor.

„Medienpolitik reduziert sich bei uns auf das Bemühen um möglichst positive Behandlung von eigener Partei, Person und Position", hatte der Wiener Kommunikationswis- senschaftler Hannes Haas im Vor- jahr geätzt. Die Zukunftspläne der Wahl werber des Jahres 1990 bestä- tigen ihn vollinhaltlich.

Das medienpolitische Programm der SPÖ erschöpft sich in einem einzigen schwammigen Satz: Die

große Regierungspartei will „den Pluralismus der Medien und das Funktionieren der Marktmechanis- men durch geeignete Bestimmun- gen gegen weitere Konzentrations- und Kartelltendenzen im Bereich der Medien sicherstellen".

Um keine Spur konkreter die ÖVP: „Ziel der medienpolitischen Perspektiven ist die Erhaltung und die Erweiterung der für plurali- stisch-demokratische Gesell- schaftsstrukturen erforderlichen Informations-, Medien- und Mei- nungsvielfalt. Die Österreichische Volkspartei bekennt sich zur Libe- ralität und zur Offenheit im Me- diensystem. Sie tritt für die Frei- heit für privatwirtschaftliche Ak- tivitäten und Initiativen im gesam- ten Medienbereich ein."

Dann aber reduziert die ÖVP sofort wieder ihre Medienpolitik auf

Rundfunkpolitik und erklärt das ORF-Monopol als „längst über- holt". Zwar soll der ORF „aus demokratiepolitischen Erwägun- gen, vor allem aber auch aus kul- turpolitischen Gründen" als „öf- fentlich-rechtliche Anstalt weiter- hin die Funktion eines elektro- nischen Leitmediums" haben, sonst aber „Äther frei!" für private Pro- grammanbieter. Möglichst rasch will man „im Radiobereich eine Ergänzung des ORF-Programman- gebotes auf regionaler und lokaler Ebene" erreichen.

Die FPÖ, ein wenig erfolgreiches Volksbegehren hinter sich, findet sich mit der ÖVP in der Forderung, „das ORF-Monopol abzuschaffen". Sonst weiß man es nicht so genau, was man will: „Bei den Druckme- dien ist eine Abkehr von der Kon- zentrationsentwicklung anzustre- ben. Das bestehende parteipolitisch ausgerichtete System der Presse- förderung ist durch allgemeingül- tige, kontrollierbare Förderungs- maßnahmen zu ersetzen."

Die „Aufhebung des Rund- funkmonopols" schreiben auch die Grünen auf ihre Fahnen, dazu „ein strenges Kartellgesetz im Medien- bereich". Die Forderungen nach

„Offenlegung der Vermögensver- hältnisse von Medien" - heute be- reits durch das geltende Medienge- setz vorgeschrieben - und nach „Aufwertung der Redaktionskon- ferenz" haben da wohl nur Füll- charakter: damit die Dürftigkeit der Vorstellung kaschiert wird.

Demgegenüber will die KPÖ am ORF-Monopol nicht rütteln lassen und spricht sich gegen jegliche Pri- vatisierung von Rundfunk und Fernsehen aus. Die Zwergpartei liebt es handfest:

„Die KPÖ tritt für ein Verbot des Ausverkaufs österreichischer Zei- tungen an ausländische Konzerne ein. Wir fordern gesetzliche Maß- nahmen gegen die Pressekonzen- tration und die Entflechtung der in Österreich entstandenen Zeitungs- monopole unter ausländischer Kon- trolle."

Konturen einer Medienpolitik, die diesen Namen verdient, sucht man in den Programmen der Parla- mentsparteien vergeblich. Es bleibt alles beim alten: „In Österreich gibt es keine Medienpolitik, weil immer etwas dazwischen kommt. Weil man sich in einer permanen- ten Nachdenkpause befindet" (Hannes Haas).

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