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„Teppichhändler, Kaftanjude“

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Die Außenministerkonferenz der Mitgliedstaaten der Arabischen Liga in Kairo endete ohne Beschluß über die Von der deutschen Bundesregierung angestrebte Wiederaufnahme der arabisch-deutschen diplomatischen Beziehungen. Die Entscheidung darüber wird von den Gesprächen zwischen Liga-Generalsekretär Abdel Kahhalik Hassuna und Außenminister Walter Scheel abhängen. Am Nil erwarten politische Beobachter jetzt einen massiven finanziellen und politischen Erpręssungsversuch Hassunas, vor allem im Auftrag Ägyptens, Algeriens, Syriens und des Irak, gegenüber der Bundesrepublik. Das Kabinett Brandt-Scheel soll sich die Wiederherstellung der nach der Anerkennung Israels im Frühjahr 1965 abgebrochenen diplomatischen Kontakte nicht nur durch großzügige Entwicklungshilfeleistungen an die Regierungen in Kairo, Algier, Damaskus, Bagdad und Khartum erkaufen, Bonn soll darüber hinaus auch gezwungen werden, sich voll hinter den arabischen Standpunkt im Nahostkonflikt zu stellen.

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Die Außenministerkonferenz der Mitgliedstaaten der Arabischen Liga in Kairo endete ohne Beschluß über die Von der deutschen Bundesregierung angestrebte Wiederaufnahme der arabisch-deutschen diplomatischen Beziehungen. Die Entscheidung darüber wird von den Gesprächen zwischen Liga-Generalsekretär Abdel Kahhalik Hassuna und Außenminister Walter Scheel abhängen. Am Nil erwarten politische Beobachter jetzt einen massiven finanziellen und politischen Erpręssungsversuch Hassunas, vor allem im Auftrag Ägyptens, Algeriens, Syriens und des Irak, gegenüber der Bundesrepublik. Das Kabinett Brandt-Scheel soll sich die Wiederherstellung der nach der Anerkennung Israels im Frühjahr 1965 abgebrochenen diplomatischen Kontakte nicht nur durch großzügige Entwicklungshilfeleistungen an die Regierungen in Kairo, Algier, Damaskus, Bagdad und Khartum erkaufen, Bonn soll darüber hinaus auch gezwungen werden, sich voll hinter den arabischen Standpunkt im Nahostkonflikt zu stellen.

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In diesem Zusammenhang erhebt man nicht nur in Israel, sondern auch in einigen arabischen Hauptstädten heftige Vorwürfe gegen die Verhandlungstaktik des Bonner auswärtigen Amtes und anderer Emissäre aus der Bundesrepublik. Die Jerusalemer Regierung ließ zwar gegenüber Außenminister Scheel und dem Vorsitzenden des auswärtigen Parla mentsausschusses, dem früheren Außenminister Schröder, durchblik- ken, daß sie gegen eine Normalisierung der deutsch-arabischen Beziehungen keine Einwendungen habe. In Israel macht man jedoch kein Hehl daraus, daß man über die Wahl des Zeitpunktes der Bonner Initiative und über ihre Form enttäuscht ist. Der Judenstaat müsse sich in der bevorstehenden UN-Session auf eine großangelegte weltpolitische Offensive der Araberstaaten gegen seine Position im Nahoststreit, die Besetzung arabischer Gebiete und seine Besatzungspolitik gefaßt machen. Angesichts der Meinungsverschiedenheiten zwischen Jerusalem und Washington und der Tatsache, daß sich der britische Außenminister Sir Alec Douglas-Home bei seinem Kairoer Aufenthalt nahezu vollständig auf den ägyptischen Standpunkt festgelegt hat, braucht Israel jpden westlichen Bundesgenossen. Die deutsch-arabischen Kontakte ausgerechnet zum Zeitpunkt einer harten Auseinandersetzung vor der Weltorganisation bestärken aber zwangsläufig die arabische Seite in ihrer Unnachgiebigkeit.

Gemäßigt oder progressiv?

Enttäuscht über das Bonner Liebeswerben um die militanten antiwestlichen Araberstaaten Ägypten, Sudan, Algerien, Syrien und Irak ist man aber auch in den Hauptstädten der gemäßigten Länder Jordanien und Libanon. Die Bundesrepublik stelle womöglich die Interessen ihrer bewährten arabischen Freunde zugunsten derjenigen der arabischen Progressisten hintan. In Amman und Beirut konzentriert sich das Mißtrauen auf den SPD-Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Wischnewski, den man als „selbsternannten Arabienexperten“ bezeichnet. Wischnewski sei eine komplexe Mischung zwischen „orientalischem Teppichhändler und Kaftanjuden“. Einerseits bringe er sich fortwährend als verläßlicher Freund der Araber ins Gespräch, anderseits habe er sich jüngst aųįh in Jerusalem anzubie- dem versucht. Freunde der Araber unter den Bonner Politikern scheinen es, wie diese boshaften Feststellungen zeigen, mit ihren nahöstlichen Freunden nicht leicht zu haben. Die Kritik an ihnen zeigt, daß es bis zu einer Normalisierung der deutscharabischen Beziehungen, die man auch in Israel akzeptieren könnte, noch ein langer Weg ist. Gegenwärtig scheint die Bonner Nahostpolitik wieder einmal in der Gefahr zu schweben, zwischen die Mühlsteine des arabisch-israelischen Konflikts zu geraten.

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