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Um Werte angereichert
Politik und Lebensgefühl der Österreicher: Drei Meinungsforscher versuchten jüngst bei einem Arbeitsgespräch im „Forum 90" der ÖVP Zusammenhänge darzustellen.
Politik und Lebensgefühl der Österreicher: Drei Meinungsforscher versuchten jüngst bei einem Arbeitsgespräch im „Forum 90" der ÖVP Zusammenhänge darzustellen.
Ich glaube nicht an einen globalen Wertwandel, also an einen Ubergang von „materialistischen" zu „postmaterialistischen" Haltungen, ich glaube auch nicht an einen globalen Werteverfall in Österreich. Es gibt zwar in Teilen der Jugend und der oberen Bildungsschicht „postmaterialistische Einstellungen", für die Mehrheit der österreicher erscheint jedoch eher eine Anreicherung des Wertespektrums charakteristisch („additiver Wertwandel").
Kennzeichen dieses angereicherten Wertesystems sind:
• Ergänzung materieller Werte durch immaterielle Werte (Umweltschutz, Mitsprache, Ästhetik, soziales Engagement);
• Bedeutungszunahme kleiner, intimer Gemeinschaften, aber keine Rückkehr zur „guten alten Zeit".
Folgende Ziele stehen im Zentrum der Anforderungen an die Parteien und an den Staat: Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze, Umweltschutz und Verhinderung von öffentlicher Verschwendung.
Die Kritik an den Parteien, die wir in den letzten Jahren verstärkt registrieren, ist nicht gleichzusetzen mit einer Kritik am Staat schlechthin — im Gegenteil.
Am Sozialstaat sind aber in den letzten Jahren zunehmende Zweifel aufgetaucht, Zweifel an der Fähigkeit der öffentlichen Hand, ihre „Sicherheitsgarantien" auch einzulösen.
Weiters haben wir es — auch hier sehe ich eines der großen Konfliktpotentiale für die Zukunft — mit steigenden Mitbestimmungsansprüchen der Bevölkerung zu tun, vor allem im Bereich der Umweltpolitik, des Wohnens, der kleinräumigen Wohnumwelt.
Gerade im Umweltbereich besteht auch konkrete Handlungsbereitschaft bei mangelnden Handlungsmöglichkeiten: Man sucht eher nach Möglichkeiten, man weiß weniger wo sie sind.
Es war im letzten halben Jahr auch viel vom Wirtschaftsaufschwung, vom Wirtschaftsoptimismus die Rede: Ich halte das für eine grobe Irreführung. Was man sagen kann: Es ist zu einer Abflachung des Pessimismus gekommen. Zwar gibt es das Gefühl, daß sich die Wirtschaft erholt, allerdings glaubt man nicht, daß dies unmittelbare Konsequenzen auf die Sicherheit der Arbeitsplätze oder auf die finanzielle Leistungskraft der eigenen Familie oder Person hat.
Das sind globale Tendenzen, die man empirisch belegen kann. Mit den Methoden der Sozialforschung läßt sich aber das Lebensgefühl nur sehr begrenzt erfassen. Um die geistige Situation der Zeit zu begreifen, muß man auch die Diskussionen der Wissenschaft studieren, die Entwicklungen in der Kunst registrieren, die Reizworte beachten, die Resonanz und Widerspruch finden (Sinn, Seele), die Themen ansehen, die Beachtung und Aktivität auslösen. Man kann in diesen verschiedenen Manifestationen des gesellschaftlichen Lebens auch so etwas wie die Wiederentdeckung des Heiligen in einer profanen und sehr rationalisierten Welt, sehen: die Wertschätzung der Natur, die andere Bewertung der Geheimnisse des Lebens, die Wiederentdeckung der Mystik...
Der Autor (Referatsauszug) ist Geschäftsführer des Fessel + GfK-Instituts in Wien.
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