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Und darüber soll man lachen können?

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Nein, man kann nicht sagen, daß die letzten Tage erfreulich gewesen wären in Österreich. Der Ubermut der Mächtigen hat wie lange nicht mehr Kapriolen geschlagen - und das ist schlimmer als Korruption.

An den Schmiergeldvorgängen rund um Großbauten von Bund und Gemeinde Wien ist sicher Arges dran. Und es wird aller Voraussicht nach nicht möglich sein, den ganzen Schmutz einfach der SPÖ anzuhängen.

Von einigen Großunternehmungen hat man sich eine andere Reaktion als Gesten der Ahnungslosigkeit und Vorstandssitzungen hinter verschlossenen Türen erwartet. Warum gehen ihre Verantwortlichen nicht an die Öffentlichkeit und prangern die Methoden an, mit denen allein man bei gewissen Großbauprojekten zu Aufträgen kommen konnte?

Politische und wirtschaftliche Korruption zu verdecken oder zu verniedlichen, gibt es wenig Grund. Aber die höhnische Art, mit der immer heftiger versucht wird, politische Verantwortung abzuschieben, muß derzeit mehr als alles andere erschüttern.

ÖGB- und Nationalratspräsident Anton Benya, als Mann der Vernunft, des Maßes und der zahllosen Verdienste um Österreich oft genug mit Recht gewürdigt, hat in einem Interview mit den „Oberöslerreichischen Nachrichten" am 1. August Töne angeschlagen, bei denen man sich verhört und verlesen zu haben meint.

Politische Verantwortung? „Daß ich nicht lache ... Soll sich denn ein Minister jeden Zettel vorlegen lassen?"

Ist Vizekanzler Androsch angeschlagen, zu dessen Steuerkanzlei Consulta-tio Millionen der umstrittenen öko-data geflossen sind? „Nein." Und der einstige Androsch-Kompagnon Bauer, der Wertpapiere für zwei Millionen Schilling zu versteuern vergaß? „Wenn alle, die graues Geld haben, so wären (und Selbstanzeige erstatteten), da kam' doch a ganz a schöns Packl z'sammen!"

Angesichts solcher Reaktionen kommt schon ein ganz schönes Packl an politischer Verantwortung zusammen! Und das, nachdem nun das Nachrichtenmagazin „profil" aufgedeckt hat, daß seit 1974 den führenden Verantwortungsträgern der Gemeinde Wien die Fragwürdigkeit der Gesamtkonzeption des Baukomplexes AKH und die Kostenexplosion in streng vertraulichen Dokumenten bekanntgewesen waren!

Leider hat Bundeskanzler Bruno Kreisky, der in der AKH-Skandalde-batte bisher noch am ehesten Verantwortungsbewußtsein zeigte, in einer anderen Frage gleichfalls einen Schockbeitrag zum Thema politische Moral geliefert.

In einem Interview mit dem SPÖ-Zentralorgan „AZ" behauptete der Regierungschef am 2. August, ORF-Generalintendant Bacher habe mit der Zusammenlegung beider Fernseh-In-formationsabteilungen das Rundfunkgesetz „gröblich verletzt". Und das, nachdem alle SPÖ-Kuratoriumsmit-glieder zugestimmt und die SPÖ-Presse wochenlang die Gesetzeskonformität dieser Regelung gegen alle Zweifel nichtsozialistischer Zeitungen verteidigt hatten!

Jetzt tut der Kanzler so, als hätte er schon immer gewarnt! Und über politische Verantwortung soll man dann noch lachen können?

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