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Weiter stabilisieren?
Österreich wird auch weiterhin im oberen Feld der weltweiten Inflation rangieren. Das ist nach der wirtschaftspolitischen Aussprache der Bundesregierung mit den Sozialpartnern endgültig klar geworden. Unter der Annahme, daß die preislichen Auswirkungen der Lohnrunde im Herbst erst im Jahr 1974 ihren Niederschlag finden werden, prophezeit das österreichische Institut für Wirtschaftsforschung für dieses Jahr eine Steigerung des Verbraucherpreisindex um 7,5 Prozent. Die Steigerungsrate liegt damit um 1,2 Prozentpunkte über jener des Jahres 1972.
Österreich wird auch weiterhin im oberen Feld der weltweiten Inflation rangieren. Das ist nach der wirtschaftspolitischen Aussprache der Bundesregierung mit den Sozialpartnern endgültig klar geworden. Unter der Annahme, daß die preislichen Auswirkungen der Lohnrunde im Herbst erst im Jahr 1974 ihren Niederschlag finden werden, prophezeit das österreichische Institut für Wirtschaftsforschung für dieses Jahr eine Steigerung des Verbraucherpreisindex um 7,5 Prozent. Die Steigerungsrate liegt damit um 1,2 Prozentpunkte über jener des Jahres 1972.
Nach dem 1. Mai wird der Haushaltsstrom im Grundtarif mit der Mehrwertsteuer belastet werden. Dieses erste Signal für eine Welle von Preiserhöhungen wird nach dem Auslaufen des Stabilisierungsab-1 kommens von der Steigerung der Treibstoffpreise, der ORF-Gebühren und vieler anderer Tarife und Preise überdeckt werden. Wird nun das Stabilisierungspaket auslaufen? Als gelernter Österreicher ist man versucht, zu sagen: gewiß nicht! Aber die Anzeichen, die sich in den letzten Wochen gezeigt haben, deuten darauf hin, daß die Partner dieses Abkommens ihren Standpunkt bei neuerlichen Verhandlungen ungleich härter vertreten werden als bisher.
Denn sowohl die Bundeswirtschaftskammer als auch der Gewerkschaftsbund werden es echwer haben, ihren Mitgliedern neuerlich so weitgehende Verzichte vorzuschreiben, wie es im laufenden Abkommen geschehen ist. Unter der erleichterten Feststellung, daß die Einführung der Mehrwertsteuer ohne den gefürchteten Sprung des Preisindex auf zehn und mehr Prozent vor sich gegangen ist, sowie der ständig wiederholten Meinung der Bundesregierung, daß der Preisauftrieb in Österreich nur jenen in den Nachbarländern widerspiegle, wird es nicht leicht sein, neuerliche Einschränkungen bei Löhnen und Preisen zu verhängen. ÖGB-Präsident Benya hat in der letzten Woche seine Forderung nach einer dreiprozen-tigen Reallohnsteigerung wiederholt, eine Forderung, die von der Bundeswirtschaftskammer bereits als unerfüllbar bezeichnet wurde.
Trotz aller Befürchtungen ist aber doch anzunehmen, daß sich die Wirtschaftspartner auf ein zwar modifiziertes, aber doch existentes Abkommen einigen werden.
Denn Bundesregierung ebenso wie die Notenbank und Wirtschaftsforschungsinstitut rechnen mit der Fortsetzung. Finanzminister Doktor Androsch hat seine Rede in der wirtschaftspolitischen Aussprache mit der grundsätzlichen Feststellung der Notwendigkeit der Weiterführung der Stabilisierungsbemühungen begonnen. Notenbankpräsident Doktor Kloss schlug in die gleiche Kerbe. Androsch kündigte in diesem Zusammenhang eine Wirtschaftspartneraussprache für Ende April, Anfang Mai im Finanzministerium an. Auch mit den Ländern und Gemeinden sollen Gespräche über deren Erfahrungen und weitere Absichten geführt werden.
Vor allem die Kreditrestriktionen sollen auch nach dem 31. Mai — sie sind ja nicht befristet — weitergeführt werden. Die Senkung der Mindestreserven und die damit verfügte Freigabe von etwa 2,3 Milliarden Schilling vor zwei Wochen widersprach nicht dieser Politik, meinten Kloss und Androsch übereinstimmend. Man habe damit nur den Kreditinstituten die Zahlung hoher Strafzinsen erspart, da sie die notwendigen Mittel ohnehin nicht aufgebracht hätten, um bei der Nationalbank ihre Mindestreserven im geforderten Ausmaß zu deponieren.
Gerade gegen diese Restriktionen kämpft aber die Wirtschaft: Die Gefahr einer Stagflation wird heraufbeschworen, da man befürchtet, ohne die notwendigen Kredite keine Investitionen durchführen zu können. Geringere Investitionen bedeuten aber auch Rückgang des Wirtschaftswachstums. Doch in der Bundesregierung ist man anderer Ansicht: „Wenn diese Restriktionen nicht zu spüren sind, haben sie keinen Sinn“, formulierte Finanzminister Androsch seinen Standpunkt.
Fazit ist jedenfalls, daß sich der Kreditapparat und die Vertreter der Wirtschaft gegen eine neuerliche Einschränkung der liquiden Mittel der Banken und gegen die Kreditrestriktionen aussprechen werden. Der Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkaimmer wollen ihre Lohnrunde durchbringen, die Bundes-wirtschaltskammer will lang zurückgehaltene Preiserhöhungen nun endlich regeln. Österreich steht ein heißer wirtschaftspolitischer Frühling bevor.
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