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Hienieden in Österreich ist es noch lustig. Wir können uns gar nicht genug satt lachen über die "Äh"-Abhörprotokolle der ehemals mächtigen Buben und ihren gierigen Konsorten, die dieses Land noch vor wenigen Jahren ausnahmen, als gäbe es keine Weihnachtsgans. Dabei kann uns aber auch schaurig bewusst werden, wie einfach die blanke Einfalt es hatte, erstens emporzukommen und zweitens ungeniert zuzulangen. Wenn das Bild, das aus diesen Protokollen spricht, auch nur einen Teil der Wahrheit vermittelt, dann muss man eigentlich stolz sein auf die Grundfesten eines Staates, die eine solche Führung ausgehalten hat.

In diesen Jahren reichte schon die Aura des Feschseins und des Lustigseins, um den Beifall einer Mehrheit zu finden. Wohlgemerkt wäre einer der Lustigen und heute hilflos im "Äh"-Dunstkreis Schwebenden um ein Haar der Republikskaiser geworden. Stelle sich einer vor, Karl-Heinz Grasser wäre ÖVP-Kanzlerkandidat geworden. So neu wären dieses Kanzlers Kleider dieser Tage, neuer und durchscheinender wie jene seines selbstbeschreibend "nackerten" Kompagnons. Fast ist man geneigt, vor jenen Teilen der Österreichischen Volkspartei zu knien, die das verhindert haben.

Aber es ist nicht nur der Aufstieg eines Walter Meischberger oder des Karl-Heinz Grasser alleine, der so frappiert, sondern die schiere Vielzahl von Figuren, die damals in den Jahren nach 2000 die Geschicke dieses Landes lenkten.

Weißrussische Ausläufer

Richten wir dazu einen aktuellen Blick nordostwärts nach Weißrussland, wo dieser Tage eine Wahlkarikatur stattfand. Hier ein Auszug der Stellungnahme der OSZE-Wahlbeobachter: "Die Beobachter stellten fest, dass die Transparenz der Stimmenauszählung schlecht bis sehr schlecht war. Die Stimmenauszählung wurde in den meisten Fällen stumm vorgenommen, was die Glaubwürdigkeit unterminiert. Die Beobachter wurden in vielen Fällen daran gehindert, die Auszählung zu überwachen. In einigen Fällen war das Ergebnis, das der überregionalen Wahlbehörde gemeldet wurde, ein anderes als auf den Protokollen der Wahlbüros aufschien."

Schon im Wahlkampf war aufgefallen, dass 89 Prozent der medialen Coverage der äußerst positiven Berichterstattung über Machthaber Alexander Lukaschenko gewidmet waren. Den Rest der Zeit setzte es Verunglimpfungen für die sieben Kandidaten der Opposition.

Die Diktatur als "Volksfest"

Am Tag nach der Wahl wurden Demonstranten und ausländische Journalisten von Sicherheitskräften mit Schlagstöcken verprügelt. 600 Demonstranten wurden in einem Schnellverfahren abgeurteilt. Sechs der sieben Oppositionskandidaten landeten im Gefängnis, mindestens einer davon war davor ebenfalls mit Schlagstöcken von den Häschern des Präsidenten verprügelt worden.

Heiteren Angesichts urteilte unterdes ein von der weißrussischen Regierung bestellter "internationaler" Wahlbeobachter, der österreichische Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach: "Bestens organisiert, sauber organisiert, höchstes Niveau, nach europäischen Grundregeln." Nicht zu vergessen, die Qualifizierung der Stimmung als "Volksfest". Eigentlich erübrigt sich dazu jeder Kommentar. Wir wollen auch nicht die Frage nach dem Honorar stellen, die der Mann für die Selbstzerstörung seines ohnehin schon schwer lädierten Rufs ("The world in Vorarlberg is too small") bekommen hat.

Wir wollen uns vielmehr mit der Frage beschäftigen, wie ein Mann von einem solchen Niveau jemals in der Lage sein konnte, stellvertretender Regierungschef dieses Landes zu werden? Wer hat ihn ausgewählt und wer hat ihn mitregieren lassen? Wer hat ihn gefragt, ob er die Rechte und Pflichten, auf die er eingeschworen wurde, tatsächlich auch verstanden hat? Und am Ende wird auch noch die Frage an alle damaligen ÖVP-Spitzen erlaubt sein: War es das wert?

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