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SAKARI TU0MI0JA / FINNLANDS MANN AUF ZYPERN

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Als die Türkei den guatemaltekischen Diplomaten Jose Rolz-Bennet als Vermittler im Zypernkonflikt abgelehnt hatte, sah sich VN-Generalsekretär U Thant gezwungen, einen Mann zu suchen, der in der Lage war, in dem inzwischen zum blutigen Bürgerkrieg ausgearteten Streit der beiden Volksgruppen auf der Mittelmeerinsel die Rolle eines Friedensstifters zu spielen. Seine Wahl fiel auf den finnischen Diplomaten Sakari Tuomioja. Zweifellos eine glückliche Wahl:Der Diplomat aus dem hohen Norden ist nämlich nicht nur den Griechen und Türken, sondern auch dem ungewöhnliches Interesse an Zypern zeigenden Kreml durchaus genehm. Seine Ernennung bedeutet aber gleichzeitig eine nicht unbedeutende Aufwertung der finnischen Neutralitätspolitik, die westliche Beobachter nur allzuleicht im Schatten des mächtigen Nachbarn stehend wähnten.Tuomioja ist für die Vereinten Nationen kein „homo novus“, konnte er doch schon in zahlreichen Aufgaben für die Weltorganisation sein diplomatisches Geschick zeigen und dadurch internationales Ansehen und Autorität gewinnen, wie sie nur ganz wenigen anderen Repräsentanten eines neutralen Kleinstaates zuteil wurde.

Kontakt mit der Politik in unmittelbarster, lebendigster Form hatte Tuomioja — am 29. August 1911 in Tammerfors geboren — schon während seiner juristischen Studien, arbeitete er doch neben seinen Vorlesungen und Seminaren als Stenograph im finnischen Reichstag. Nach Abschluß seiner Studien trat Tuomioja 1938 in den Dienst der Finanzverwaltung und wurde 1944, nach der Kapitulation, von Paasikivi als Finanzminister in dessen Kabinett berufen. Ein Jahr später folgte die Ernennung zum Präsidenten der finnischen Staatsbank — ein ungeheuer schwieriges, verantwortungsvolles Amt im Jahre des Neuaufbaues des Landes.

Als der heutige Staatspräsident Kekkonen im Jahre 1950 sein erstes Kabinett bildete, hieß der Handelsminister Tuomioja. 1951 wurde er Außenminister und bildete 1953 eine Beamtenregierung, die durch wirtschaftliche Maßnahmen — die Aufhebung der Kaffeerationierung etwa — große Popularität erringen konnte.

1955 ging Tuomioja als Botschafter seines Landes nach Großbritannien, zwei Jahre später löste er den Schweden Myr-dal als Generalsekretär der OECD ab. 1956 schließlich wurde er von der konservativen finnischen Sammlungspartei als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen aufgestellt, aus denen dann Kekkonen als Sieger hervorging. Trotz dieser Kandidatur sagt man Tuomioja auch gute Verbindungen zur politischen Linken nach, nicht zuletzt dank seiner Ehe mit der Tochter einer bekannten kommunistischen Schriftstellerin.

Eine führende Tageszeitung schrieb vor kurzem: „Sakari

Tuomioja ist ein Mann, der Autorität mit Freundlichkeit und Humor zu verbinden weiß. Mit seiner überragenden Intelligenz, tiefgehenden Kenntnis des politischen und wirtschaftlichen Zeitgeschehens und einer für schwierige Verhandlungen notwendigen Dosis an Geduld und Zähigkeit ist er für die ihm jetzt übertragene Aufgabe bestens ausgerüstet. Ob es ihm gelingen wird, die verzweifelt komplizierte Situation auf Zypern zu meistern, ist damit freilich nicht gesagt.“ Gerade die angeführten persönlichen Eigenschaften scheinen den Finnen für den Dienst in den Vereinten Nationen besonders zu prädestinieren.

1959 entsandte ihn Dag Ham-marskjöld als Chef der Kontrollkommission nach Laos, zwei Jahre später wurde Tuomioja finnischer Botschafter in Stockholm. Ob es dem Mann aus Finnland, der als zäher Verhandlungspartner gilt, gelingen wird, die unheilvolle Situation zu entwirren? Gewiß eine große Aufgabe. Aber auch eine Lehre für alle, die bei Situationen, wie sie die Außenpolitik eines neutralen Kleinstaates nun einmal mit sich bringt, zuerst ängstlich und fragend nach dem großen Bruder im Osten schielen. h. f. m

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