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Und die Peronisten?

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Die Perönisten werden im Parlament vertreten sein. Die oft gehörte Ansicht, sie seien durch den Wahlausgang endgültig geschlagen, ist mindestens verfrüht. Gewiß hat ein Teil für Dr. Illia gestimmt, um die Wahl Aramburus zu verhindern. Aber damit haben sie weder auf ihre Gefolgschaft zu Perön noch auf die Hoffnung, später an die Macht zu kommen, verzichtet. Sie bleiben stark gespalten. Eine bekannte Funktionärin, Frau Delia Parodi, hat den Übergang zu einer „subversiven Bewegung” proklamiert. Man spricht davon, daß in Montevideo ein „Revolutionskommando” gebildet und ein Gut in der uruguayischen Provinz Florida zur Ausbildung peronisrischer Freischärler gekauft wurde. Inwieweit diese Gerüchte zutreffen, ließ sich noch nicht feststellen. Jedenfalls betreffen sie nur eine kleine Gruppe. Die Masse auch der Peronisten sucht Ruhe und Arbeit. Ihr Glauben an Perön mag freilich ins Wanken geraten. Dr. Illia erklärt, er könne, wie jeder andere Argentinier, ins Land zurückkehren, soweit die Strafjustiz nicht gegen ihn vorgehe. Wenn er freiwillig im Exil bleibt, wird sein Nimbus verblassen. NUT ein Märtyrer, dem die Rückkehr in die Heimat versagt bleibt, ist als fernlenkender Staatsmann glaubhaft.

Dr. Illia erwartet, mit den Peronisten und den Kommunisten im freien Spiel der demokratischen Gegenkräfte fertig zu werden. Solange sie keine Gefahr darstellen, scheinen sich auch die Offiziere zurückhalten zu wollen. Zum ersten Male in den letzten Jahrzehnten haben sie sich auf ihre „spezifische Aufgabe”, das heißt aus der Politik, zurückgezogen. Ebenso wairten die Gewerkschaften ab. Sie hoffen, daß die Wirtschaftspolitik Dr. Illias sie begünstigen wird.

Dr. Illia ist den doktrinären Gedankengängen, die „der Vater der Radikalen”, der letzte große Präsident Argentiniens, Hipölito Irigoyen, geprägt hat, treu geblieben. Im Zeichen der politischen Unabhängigkeit hat er Argentinien aus dem ersten Weltkrieg herausgehalten. Auf wirtschaftlichem Gebiet trat er scharf dem damaligen englischen Einfluß entgegen und proklamierte den Wirtschafts-Nationalismus mit weitgehenden Staatsmonopolen.

Der Kampf um das Petroleum

Auf dieser Grundlage will Dr. Illia zunächst die Petroleumverträge annullieren, die Dr. Frondizi 1958 als „verschleierte Konzessionen” mit nordamerikanischen Gesellschaften geschlossen hat. Der Präsident erklärte, die Verträge seien „im Zeichen der Nichtigkeit entstanden”, da sie unter Umgehung des Parlaments — und mit anderen sehr umstrittenen Begleitumständen! — zustandekamen. Nun ist der „Kampf um das Petroleum” —4 in Argentinien wie in Brasilien! — keine Frage der , wirtschaftlichem ‘Zweck-c mäßigkeit, sondern rührten fast .unbegreiflichem Maße’-f’airbdäs ßtaats- gefühl des Volkes. Der „Souveränitäts anspruch” im „Kampfe gegen den kolonialen Wirtschaftsimperialismus der Großen” konzentriert sich in erster Linie auf das Staatsmonopol zur Ausnutzung der eigenen Rohstoffe. Es gehört zum „Credo” der „Radikalen”, das Dr. Frondizi „verraten” hat.

Dr. Illia erklärt, die Staatsgesellschaft YPF sei nach 60jähriger Erfahrung — seit der Entdeckung des Petroleums in Argentinien — in der Lage, allein die Petroleumpolitik zu führen. Das ist aber gerade, was im höchsten Maße fraglich ist. Denn die YPF produzierte — nach 50 Jahren! — 1957 nur 5,3 Millionen Kubikmeter (317 Millionen Dollar, 21 Prozent der Importdevisen, mußte für Brennstoffeinfuhr auf gewendet werden!) durch die Auslandskontrakte ist die Förderung 1962 auf 17,8 Millionen Kubikmeter gestiegen. (1957 wurden 64,8 Prozent, 1962 nur 16,5 Prozent des Bedarfs importiert.)

Man sagte voraus, daß die neue Regierung mit den bisherigen Vertragsgesellschaften nur über annehmbarere Bedingungen verhandeln werde. Doktor. Illia hat aber erklärt, daß die YPF Dienstleistungen nur nach internationaler Ausschreibung vergeben werde. Wer den traurigen Verfall der argentinischen Eisenbahnen und die alarmierende Belastung des Haushalts durch die enormen Defizite der Staatsgesellschaften beobachtet, wird der Wendung Dr. Illias zum erweiterten Staatsmonopol nur mit Besorgnis entgegensehen.

Die zweite Maßnahme, die geeignet ist, das internationale Finanzkapital zu beunruhigen, ist die geplante Kündigung des gerade in Washington Unterzeichneten Garantieabkommens, das die politischen und wirtschaftlichen Gefahren der privaten Investitionstätigkeit absichern sollte.

Am wichtigsten ist freilich der angekündigte Bruch mit dem „Internationalen Weltwährungsfond”. Doktor Illia muß die lahmgelegte Wirtschaft beleben und das gesunkene Lebenshaltungsniveau der Masse heben. Es entspricht seinem Konzept der „Planwirtschaft”, daß er durch Emissionen eine „kontrollierte Inflation” schafft, die der „Internationale Weltwährungsfond” gerade zu vermeiden sucht. Im i fiibrigeft erklärt Dr.11 IHft , nicht iij die Privatwirtschaft mischen ‘Und1 !lm titzlicheh Ausrandikäpifal keinerlei Probleme schaffen zu wollen.

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