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Klare Worte

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Die Erzbischöfe und Bischöfe Oesterreichs geben anläßlich der bevorstehenden Nationalratswahl folgende Erklärung ab:

Es war immer die vordringliche Aufgabe der Kirche, sich mit ihrer Seelsorge an alle Menschen zu wenden, gleichgültig, wo diese stehen mögen. In diesem Missionsauftrag, den wir von unserem Herrn erhalten haben, sind auch die Grundsätze des natürlichen Sittengesetzes einbezogen, nach denen alle Bereiche des öffentlichen Lebens ausgerichtet werden sollen.

Die Bischöfe haben immer schon von verantwortungsbewußten und kirchlich gesinnten Katholiken erwartet, daß sie mit ganzer Kraft an der Gestaltung des öffentlichen Lebens mitwirken, um die Würde und Freiheit des Menschen zu erhalten und der Kirche die notwendige Entfaltungsmöglichkeit zu sichern. Gerade die Entwicklung jenseits des Eisernen Vorhangs zeigt mit eindringlicher Deutlichkeit, in welch erschreckendem Ausmaß die Entrechtung der Kirche mit der völligen Versklavung des Menschen Hand in Hand geht.

Die kommenden Nationalratswahlen veranlassen die Bischöfe Oesterreichs, sich zunächst an alle verantwortlichen Politiker und Parteiführer zu wenden, daß sie im Interesse der schwierigen Aufgaben in unserem österreichischen Heimatland den Wahlkampf sachlich führen und persönliche Verleumdungen unterlassen mögen.

Die Bischöfe Oesterreichs möchten aber die österreichischen Katholiken auch auf ihre staatsbürgerliche Verantwortung aufmerksam machen. In unserem demokratischen Staatsgefüge ist es für die Katholiken eine Gewissenspflicht, das Wahlrecht nach ernster Ueberlegung und Prüfung auszuüben. Der Katholik wird bei der Abgabe seines Stimmzettels auch daran zu denken haben, daß in der neu zu wählenden gesetzgeberischen Körperschaft die seit Jahren unerfüllten Forderungen der Kirche endlich eingelöst werden. Die Bischöfe erinnern in diesem Zusammenhang an die drängenden Probleme der Familie und der katholischen Schule sowie an die im Weißbuch und im Sozialhirtenbrief der Bischöfe niedergelegten Grundsätze.

Sie hoffen und wünschen, daß alle verantwortlichen politischen Kräfte die gemeinsamen Anliegen unseres Volkes beachten, damit auch in Zukunft ein weiterer Aufstieg unseres Vaterlandes gewährleistet sei.

Die Berechtigung, Erklärungen zu politischen Entscheidungen von besonderer Tragweite abzugeben, wie es allgemeine Wahlen und hier in Oesterreich eben Nationalratswahlen sind, leitet die Kirche in Oesterreich, wie überall Jn der Welt, wo sie ihre Stimme frei erheben kann, von der Tatsache ab, daß ihr göttlicher Auftrag den ganzen Menschen erfaßt, daß die Seelsorge auch die Sorge um das irdische Wohl des Menschen einschließt. Dieses irdische Wohl aber wird in der Demokratie durch politische Wahlen weitgehend beeinflußt. Darüber hinaus aber hat die Kirche ein sehr wesentliches Interesse daran, wie die politischen Kräfte gestaltet sind, mit denen sie es bei der Durchsetzung ihres Rechtes und ihrer Ansprüche als eine Institution dieser Welt zu tun hat. In diesem Sinne ist die Religion immer mehr als eine bloße Privatsache, und die Freiheit des Glaubens, die sich in einer solchen Erklärung manifestiert, umfassender als die Freiheit des Kultes, die es auch in den Volksdemokratien gibt.

Der österreichische Episkopat hält in obiger Erklärung zur bevorstehenden Nationalratswahl fest: „Es war immer die vordringliche Aufgabe der Kirche, sich mit ihrer Seelsorge an alle Menschen zu wenden, gleichgültig, wo diese stehen mögen ... Die Bischöfe haben immer schon von verantwortungsbewußten und kirchlich gesinnten Katholiken erwartet, daß sie mit ganzer Kraft an der Gestaltung des öffentlichen Lebens unserer Heimat mitwirken, um die Würde und Freiheit des Menschen zu erhalten und der Kirche die notwendige Entfaltungsmöglichkeit zu sichern. Gerade die Entwicklung jenseits des Eisernen Vorhangs zeigt mit eindringlicher Deutlichkeit, in welch erschreckendem Ausmaß die Entrechtung der Kirche mit der völligen Versklavung des Menschen Hand in Hand geht. Die kommenden Nationalratswahlen veranlassen die Bischöfe Oesterreichs, sich zunächst an alle verantwortlichen Politiker und Parteiführer zu wenden, daß sie im Interesse der schwierigen Aufgaben in unserem österreichischen Heimatland den Wahlkampf sachlich führen und persönliche Verleumdungen unterlassen mögen. Die Bischöfe Oesterreichs möchten aber die österreichischen Katholiken auch auf ihre staatsbürgerliche Verantwortung aufmerksam machen. In unserem demokratischen Staatsgefüge ist es für die Katholiken eine Gewissenspflicht, das Wahlrecht nach ernster Ueberlegung und Prüfung auszuüben. Der Katholik wird bei der Abgabe seines Stimmzettels auch daran zu denken haben, daß in der neu zu wählenden gesetzgebenden Körperschaft die seit Jahren unerfüllten Forderungen der Kirche endlich eingelöst werden. Die Bischöfe erinnern in diesem Zusammenhang an die drängenden Probleme der Familie und der katholischen Schule sowie an die im Weißbuch und im Sozialhirtenbrief der Bischöfe niedergelegten Grundsätze. Sie hoffen und wünschen, daß alle verantwortlichen politischen Kräfte die gemeinsamen Anliegen unseres Volkes beachten, damit auch in Zukunft ein weiterer Aufstieg unseres Vaterlandes gewährleistet sei.“

In klarer, würdiger Sprache wendet sich hier der österreichische Episkopat nicht an die Parteien, wohl aber „an alle verantwortlichen Politiker und Parteiführer“: hier werden als erstes, was für alle Zukunft festgehalten werden soll, unsere Politiker als Person, als für Freiheit und Würde unseres Staates verantwortliche Persönlichkeiten angesprochen, namhaft gemacht. Wissen sie heute bereits, wissen wir selbst, was das bedeutet? Nicht Partei,

Apparat, Interessengemeinschaft stehen als Partner für die Kirche im Vordergrund, sondern der Mensch, der persönlich in seinem Gewissen angerufen wird und als Person mitentscheidet über Wohl und Wehe unseres Vaterlandes und über seine Politik der Kirche gegenüber. Der Appell der Bischöfe richtet sich in eben diesem Sinne an „alle verantwortlichen politischen Kräfte, die gemeinsamen Anliegen unseres Volkes zu beachten“. Mit der Person der führenden Politiker und Parteiführer wird die Person des katholischen Staatsbürgers „auf ihre staatsbürgerliche Verantwortung aufmerksam gemacht". Auch dies kann nicht ernst genug bedacht werden: Jeder einzelne Katholik ist dadurch verpflichtet, in der Partei, die er wählt, nicht auf Lippenbekenntnisse, sondern für ein konkretes Eintreten für „die Grundsätze des natürlichen Sittengesetzes“ (so heißt es im ersten Teil des Aufrufes) und für die Durchführung des katholischen Sozialprogrammes und „die seit Jahren unerfüllten Forderungen der Kirche“ zu kämpfen. Das ist ein deutliches Wort nach rechts und links!

Damit stellt sich die Kirche in Oesterreich nicht unter die Parteien, nicht in einem falschen Sinn „über" die Parteien, sondern vor die Parteien, die für sie kein Fetisch, kein Tabu, keine Autorität an sich sind, sondern Menschen, Personen, die als Parteiführer und Parteigänger, beide', in ihrem Gewissen, in ihrer politischen Verantwortung angesprochen werden. In diesem Sinne darf der Appell des Episkopats interpretiert werden als ein Aufruf: Katholiken, wählt Persönlichkeiten, Menschen, die nicht nur zur Wahlzeit ihr Christentum herausstellen, sondern in Leben und politischer Tagesarbeit als Christ, als Katholik ihren Mann stellen. Katholiken, seht euch die Männer an, die als Kandidaten zum Nationalrat präsentiert werden! — Es wäre schön, wenn hier und dort in diesem Sinne noch eine Korrektur in den Reihungen der Kandidaten vorgenommen würde: das würde zeigen, daß unsere Parteien die Kirche und die überzeugten Katholiken in Oesterreich ernst nehmen, und nicht nur als Stimmzettelbesitzer in der Wahlzeit umwerben.

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