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Ein Vorstob ins Neuland
LEXIKON FtJR THEOLOGIE UND KIRCHE. Herausgegeben von Josef Hüter und Karl Rahner. 8. Band (Palermo bis Roloff); 9. Band (Rom bis Tetzel). Verlag Herder, Freiburg, 1983 und 19A4. Je etwa 640 Seiten. Fr eis je Band 88 DM.
LEXIKON FtJR THEOLOGIE UND KIRCHE. Herausgegeben von Josef Hüter und Karl Rahner. 8. Band (Palermo bis Roloff); 9. Band (Rom bis Tetzel). Verlag Herder, Freiburg, 1983 und 19A4. Je etwa 640 Seiten. Fr eis je Band 88 DM.
Mit diesen beiden Bänden, die jeder mehr als 1300 Spalten umfassen, nähert sich dieses Monument der katholischen Wissenschaft der Nachkriegszeit seinem Ende zu. Es fehlt nur noch der letzte Band und wahrscheinlich ein Ergänzungsband. Wer die Konzilsvorgänge verfolgt und die entsprechenden Beiträge in diesem Lexikon mitgelesen hat, dem ist es klargeworden, daß dieses Kollektivwerk sich nicht mit der Zusammenfassung der herkömmlichen Ergebnisse zufriedengegeben hat, sondern gerade in den wesentlichen und besonders heute aktuellen Fragen in ein Neuland vorgestoßen ist und somit zur Klärung zahlreicher Probleme beigetragen hat. Obgleich das Werk in Aufbau und Ausarbeitung sich der wissenschaftlichen Methoden bedient, scheut es sich““ doch nicht, neue Perspektiven zu eröffnen, noch ungelöste Fragen anzuschneiden und veraltete Ansichten mit der erforderlichen Begründung auszuscheiden.
Das Werk wird nicht nur von katholischen, sondern besonders auch von evangelischen Theologen ständig konsultiert, dennoch kann man nicht behaupten, es werde nur von Wissenschaftlern und Forschern benützt. Es gibt im deutschsprachigen wie im fremdsprachigen Raum zahlreiche Bezieher, die in der Seelsorge stehen und die bei entsprechender Gelegenheit bestimmte Stichwörter nachlesen und die reichlich angeführte Literatur zur Kenntnis nehmen. Es ist vor allem zu begrüßen, daß auch junge Priester sich das Werk anschaffen beziehungsweise in die Lage versetzt werden, es zu erwerben. In seiner gegenwärtigen Form berücksichtigt dieses Lexikon — den heutigen Anforderungen entsprechend — besonders die pastoralen Anliegen. Gerade der 9. Band enthält den ausführlichen Beitrag „Seelsorge“ von V. Schurr, dem sich wertvolle Artikel über „Seelsorgehelfer“ und“,,-helferinnen“ anschließen. Der heutige Seelsorger wird die Erläuterungen Karl Rahners über die „Sakramententheologie“ als eine Erweiterung und Vertiefung seiner Ansichten empfinden.Dasselbe gilt für die Stichwörter
„Rundfunk“, „Sakramentalien“, „Säkularinstitute“, „Scham“, „Schifferseelsorge“, „Schmuggel“, „Schulbibel“, „Schule und Kirche“, „Schülergottesdienst“, „Schulkatechese“, „Schund- und Schmutzliteratur“,
„Seelsorgeamt“, „Sexualethik“, „Skrupulosität“, „Stadt- und Stan-desseelsorge“, „Steuermoral“, „Stu-dentenseelsorge“, „Suchtkrankenfürsorge“ usw.
Wie man sieht, wurde unter den vielen historischen und geographischen Realien auch das pastorale Moment nicht vernachlässigt, im Gegenteil, es fällt auf, daß pastorale Themen nicht durchweg akademisch und unpersönlich behandelt werden, sondern, daß darin oft ein seelsorgliches Engagement mitschwingt. Wenn zum Beispiel die für den Seelsorger so selbstverständlichen Sakramentalien behandelt werden, heißt es dort, daß der heutige Mensch „eine Zurückhaltung gegenüber einer allzu einfachen Sakralisierung der Welt hat und daher nicht alle Sakramentalien leicht mitvollziehen kann“. Besonders im Artikel über „Sexualethik“ beherrschen neue Erkenntnisse das Vorfeld, die noch integriert werden müssen; ebenso wird hier mit großer Umsicht, dennoch mit unmißverständlicher Klarheit die Anregung gegeben, sich auf diesem Gebiet mit einer parvitas materiae zu befassen.
Selbstverständlich kann ein solches Werk sich nicht auf die systematische Theologie oder auf die Grundbegriffe beschränken, ist es doch seinem Wesen entsprechend ein Nachschlagewerk, das alle kirchlichen Disziplinen, besonders Bibelwissenschaft, Kirchenrecht, historische Persönlichkeiten, geographische Einzelheiten, Gebräuche und Gebrauchsgegenstände usw., nach dem neuesten Stand ausführlich behandelt. Wer sich zum Beispiel mit Kunstgeschichte befaßt, wird gerade hier die erforderlichen Informationen, aber auch jene theologischen Hintergründe aufgezeichnet finden, die er in den profanen Fachwerken manchmal vergebens sucht. Wie oft tappen Kunsthistoriker nicht im dunkeln, wenn sie bestimmte kirchliche Gewänder auf Darstellungen richtig bezeichnen müssen: Rauchmantel (Pluviale), Superpelliceum Rochett, Chorhemd, Schultermantel, Cappa Magna usw. Dasselbe gilt für die Darstellungen der Dreifaltigkeit, die man ohne eine gewisse Ahnung der Trinitätstheologie unmöglich richtig erfassen kann, für den Gebrauch des „Heiligen Grabes“, „Rast unseres Herrn“, „Selbstdritt“ und die verschiedenen Kunststile beziehungsweise Künstler und Klöster die im Bereich der religiösen Kunst eine eigene Entwicklung aufweisen.
Wenn man bedenkt, daß der erste Band dieses Lexikons erst im Jahre 1957 erschienen ist, stellt man mit Bewunderung und Dankbarkeit fest, daß die theologische Wissenschaft sich in so kurzer Zeit auf eine gana neue Basis gestellt und somit den Herausgebern, Mitarbeitern und dem Verlag ein einmaliges Zeugnis ausgestellt hat. Als Ergebnis dieser Zusammenarbeit präsentiert sich hier ein Monumentalwerk, das auch Seelsorger und Laien gerne und mit Frucht heranziehen werden.
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