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Katholizität als theologische und pastorale Haltung

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Mancher hatte wohl zum 70. Geburtstag Grosches eine umfangreiche Festschrift mit Aufsätzen von Schülern, Freunden und Bekannten erwartet. Dieser stattliche Band mit Aufsätzen des Jubilars selber aus fast vier Lebensjahrzehnten ist für die Freunde weniger strapaziös gewesen, aber dafür für den Verfasser um so ehrehvoller. Schon deshalb muß’ man für diese Jubiläumszusammenstellung besonders dankbar sein, weil manche dieser Aufsätze kaum mehr oder doch nur schwer zugänglich sind. Und, das muß gleich zu Beginn gesagt werden: sie sind alle „herrlich wie am ersten Tag”, keiner, auch die frühesten nicht, ist veraltet oder überholt. Zugleich aber ist dieser Jubiläumsband auch ein Stück Geschichte der katholischen Theologie im 20. Jahrhundert geworden. Diese 3 3 Aufsätze enthalten soviel an Theologie in allen Formen, sei es Dogmatik, Dogmengeschichte, biblische Theologie, Pastoral, daß es schwer ist, etwas eigens herauszuheben. Die fünf Gruppen, in die man die Aufsätze eingereiht hat, ‘können nur eine lose Ordnung bedeuten: Zur Glaubenslehre / Oekumenik / Bibliea / Die Kirche heute / Der Christ und die Welt. Vorausgeht ein programmatischer Vortrag -über „Theologie und Pastoral im heutigen Deutschland” (1957), in dem ein wahrhaft Berufener Rechenschaft ablegt, Grenzen absteckt und neue Horizonte weist.

Wenn vom Inhaltlichen her schon einiges besonders betont werden soll, so möchten wir die klaren und erfrischend unkomplizierten Aufsätze zu biblischen Fragen herausheben, in denen oft recht verworrene und vielzerredete Probleme, zuweilen in ein paar kurzen Sätzen, Klarheit gewinnen. Dabei ist Grosche kein billiger „Vereinfacher”, aber er gehört zu jenen nicht sehr zahlreichen Theologen, die Wege freimachen und Verfahrenes wieder in Bewegung bringen können. Beim Herausgeber der „Catholica” bedarf die Arbeit für ökumenische Theologie (sogenannter Kontroverstheologie) keiner eigenen Hervorhebung mehr. Hier ist er der unbestrittene Fachmann und hat Verdienste, die heute hoch gar nicht in allem abzuschätzen sind. Vielleicht werden erst jene, die die Früchte solcher mühsamen Arbeit ernten dürfen, das würdigen können. Mögen sie es dann nicht vergessen!

Der Aufsatz über Humani generis (1952 in „Catholica”) als Hirtenwort zeigt eine besonders sympathische Seite Grosches, auch sogenannte heikle Themen mit Mut und Geschick anzugehen. Andere Aufsätze offenbaren dazu noch jene Vornehmheit der Kritik, die man allem Theologisieren wünschen möchte: Kritik und nicht ein billiges Ausgleichen: Vornehmheit? die nie vergißt, daß Theologie auf dem Wege ist und daß beste Theologie mehr ein Suchen und Fragen als siegessicheres Besitzen bedeutet.

Nicht unerwähnt bleiben darf schließlich, daß im ganzen Werk Grosches ein Vorzug sich offenbart, den deutsche Theologie seit den Tübingern nur sehr selten besaß: eine gepflegte Sprache. Ein Theologiestudium in Rom braucht gewiß einen deutschen Theologen sprachlich nicht notwendig zu verderben. Aber Scheeben ist es beispielsweise doch leider nicht gelungen, seine inhaltlich großartige Theologie aus lateinisch gedachten und formulierten Sätzen in ein auch nur leicht lesbares Deutsch zu „übersetze?”. Grosche aber ist nicht nur lesbar, sondern ein Genuß! Auch in diesem Betracht hat er nicht viele Konkurrenten!

Man hat früher viel von „Verkündigungstheologie” gesprochen, die es nicht geben kann als eigene neben einer wissenschaftlichen. Aber das Anliegen ist bei Grosche erfüllt: Hier hat einmal einer in selten schöner Harmonie und in gepflegter Sprache Theologie, echte, große und wahrhaft katholischumfassende Theologie, „verkündet”, und ebenso hat er Verkündigung theologisch gesichert.

Zum 70. Geburtstag werden Laien wie Priester, Theologen wie Nithttheologer, die von diesem reichbesetzten Tisch essen durften, in herzlicher Dankbarkeit wünschen, daß uns dieser reichbdgnadete Theologe und Seelsorger auch in einem gottgesegneten Alter noch viele Früchte seines Studierens, Betens und Betrachtens schenken möge.

Dem Verlag gebührt unser Dank, daß er diesen Jubiläumsband so vornehm gestaltet hat, wozu auch die beiden bedeutenden Bilder (am Anfang und nach Seite 60) beitragen, deren erstes zudem in seinem Begleittext „von uns Eseln”, von denen Gottes Sohn Sich und Seine Mutter tragen läßt, jenen Humor verrät, der die große Theologie sich selber nicht zu wichtig nehmen läßt!

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