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Hilfe zur Selbsthilfe

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Ich bin grundsätzlich gegen Umverteilung im klassischen Sinne der sozialistischen Lehre. Vielmehr basieren meine Überlegungen zu einer Verbesserung der Verteilungsgerechtigkeit letztendlich auf unserem Verständnis einer christdemokratischen Partei und den Prinzipien der ökosozialen Marktwirtschaft. Wir begründen unsere gesellschaftspolitischen Grundsätze aus dem christlichen Bekenntnis zur Würde des Menschen. Unseren sozialen Auftrag schöpfen wir aus unserer Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit in einer Gesellschaft, die soziale Lasten und Risken gemeinsam trägt. Wir betonen die persönliche Verantwortung des einzelnen. Deshalb ist jede Hilfe zuerst Hilfe zur Selbsthilfe. Der Staat trägt bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Benachteiligung eine wichtige, aber nicht die alleinige Verantwortung. In diesem Sinn wollen wir soziale Netze durch Gemeinschaften knüpfen, die dem einzelnen die notwendige Sicherheit geben.

Privateigentum und Leistungswettbewerb sind die wichtigsten Ordnungsgrundsätze einer ökosozialen Marktwirtschaft: Die politische und wirtschaftliche Ordnung des Staates muß den Leistungswillen jedes einzelnen Menschen fördern. Gleichzeitig muß sie darauf bedacht sein, die vom Markt ausgeschlossenen Menschen nicht ins wirtschaftliche Abseits zu drängen. Zu dieser sozialen Komponente tritt das ökologische Prinzip der Nachhaltigkeit, das besagt, daß wirtschaftliches Handeln die Zukunftschancen, die Regenerationskraft der Natur nicht schmälern darf.

Aus unserer Sicht zielt Gerechtigkeit auf möglichst gerecht verteilte Lebenschancen, auf einen offenen Zugang zu den Bildungseinrichtungen, Gütern, Leistungen und Eigentum, sowie auch die Möglichkeit zur Mitsprache und Mitverantwortung. Gerechtigkeit erfordert die Anerkennung persönlicher Leistung und sozialen Ausgleich für diejenigen, die sich am Leistungswettbewerb unverschuldet nicht beteiligen können.

Wir wollen Bisken gemeinschaftlich absichern, die der einzelne Mensch nicht aus eigener Kraft tragen kann. Alle Maßnahmen sollen auf Stärkung der Eigenverantwortung sowie persönliche Hilfe und Solidarität abzielen.

Im Sinne einer Verbesserung der Verteilungsgerechtigkeit ist die von uns angestrebte Beform der Familienbesteuerung zu sehen. Wir wollen Solidarität mit den und Gerechtigkeit für die Familien. Wir wollen daher ein Steuersystem, das diejenigen, die für Kinder zu sorgen haben, stärker entlastet. Das von der ÖVP vorgeschlagene Steuermodell soll daher einen gerechteren Lastenausgleich zwischen jenen, die Kinder haben und jenen, die nicht für Kinder sorgen müssen, schaffen. Mit der Steuerfreistellung des Existenzminimums für jedes Familienmitglied, durch die Er höhung der Kinderabsetzbeträge und einer Erhöhung des Alleinverdiener und Alleinerzieherabsetzbetrages wird nicht nur für soziale Gerechtigkeit g sorgt, sondern vor allem die Existenz unserer Familien gesichert.

Neben dem sozialen Ausgleich in Österreich streben wir auch international eine gerechtere Arbeits- und Güterverteilung zwischen den einzelnen Volkswirtschaften an. Unsere Politik ist darauf gerichtet, den Entwicklungsländern einen besseren und offeneren Zugang zu den Märkten der Industriestaaten zu verschaffen und auf eine gerechtere Güterverteilung in diesen Ländern zu drängen. Eine An-hebung der Mindestlöhne und damit des gesamten Lebensstandards würde in den Entwicklungsländern für Millionen ein würdigeres Dasein ermöglichen und gleichzeitig die Produzenten in den Industriestaaten vor unlauterem Konkurrenzdruck durch Lohndumping bewahren.

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