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Beste Heiratsmöglichkeiten in Kärnten

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Das Verhältnis der ledigen Männer und Frauen zueinander, die altersspezifische Geschlechtsproportion, zeigte im Jahre 1951 für das österreichische Bundesgebiet wesentlich ungünstigere Ergebnisse: auf 1000 ledige Frauen kamen nur 744 ledige Männer. Eine Gliederung nach Bundesländern ergab hinsichtlich des Frauenüberschusses recht beträchtliche regionale Differenzen. Vier Bundesländer; an der Spitze Wien, wiesen einen noch über dem Bundesdurchschnitt liegenden Frauenüberschuß auf, während die relativ günstigsten Hei- ratsmöglichkeiten in Kärnten bestanden, danach, in absteigende

Reihe, im Burgenland, in der Steiermark, in Salzburg und in Tirol. Eine Übereinstimmung der Rangfolge zwischen niedrigen Ledigenanteilen und großem Frauenüberschuß konnte nur für die Bundesländer Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg nachgewiesen werden, bedeutet aber keineswegs eine eindeutige Abhängigkeit der Ledigenanteile von der Geschlechtsproportion. Die relativ besseren Heiratsmöglichkeitbn infolge eines günstigeren Geschlechterverhält- nisses innerhalb eines Bundeslandes bedeuten noch lange nicht, daß von dieser relativ günstigen Gelegenheit auch immer wirklich Gebrauch ge macht wird. Nicht alle, die eine Heiratschance haben, sind auch heiratswillig, und überdies bedeutet ein relatives Mehr an Männern allein noch keine Erhöhung der Heiratsfrequenz, weil, abgesehen davon, daß schließlich auch über die Bundesländergrenzen hinweg geheiratet wird, Heirat oder Nichtheirat auch von anderen äußeren Gegebenheiten, wie zum Beispiel der Art der Erwerbsmöglichkeiten, der Lage auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, der Höhe der gebotenen Löhne und Gehälter und, besonders in bäuerlichen Kreisen, von den Besitzverhältnissen der Partner abhängig ist, also größtenteils von sehr realen Erwägungen beeinflußt wird, unter denen finanzielle Probleme gewiß keine allzu kleine Rolle spielen dürften. In vorwiegend ländlichen Kreisen, dies trifft auch auf weite Gebiete Österreichs zu, wird die Heiratshäufigkeit überdies noch durch die bestimmte Art der bäuerlichen Erbfolge bestimmt. Der Soziologe R. König vertritt die Ansicht, daß bei einem großen Teil r der bodenbesitzenden Bevölkerung die Eheschließung vielfach ein Akt geschäftlicher Berechnung sei, wobei Grundbesitz, Nachbarschaft und die Verwandtensippe eine große Rolle spielen: überdies sei damit auch die Gatten-wähl auf einen sehr kleinen Kreis beschränkt.

Wonnemonat Mai auch für die Ehe

Brauchtum und Sitte bestimmen auch heute noch weitgehend den jahreszeitlichen Rhythmus der Eheschließungsfrequenz. Auf den Tiefpunkt in der Fastenzeit, in der aus religiösen Gründen seltener geheiratet wird, folgt ein Ansteigen in den folgenden Monaten mit einem Jahreshöchstwert im Mai. Der in den Jahren 1951 bis 1955 sich erhebende Nebengipfel im Februar ist 1959 nahezu verschwunden; dagegen macht sich in diesem Jahr — wenn auch mit weitem Abstand vom Höchstwert — ein weiterer Höhepunkt im August, also in der Urlaubszeit, und ein dritter im Oktober bemerkbar.

Die noch vor dem ersten Weltkrieg wirksamen Einflüsse des halbjährigen Wohnungs- und Dienstbotenwechsels sowie der Einfluß der damals längeren Militärdienstzeitverpflichtung fallen für die Gegenwart wohl gänzlich aus. Vermutlich spielt auch heute der Ablauf des ländlichen Arbeitsjahres für die monatlichen Schwankungen der Heiratshäufigkeit keine so erhebliche Rolle mehr wie früher, was auf die allmählich fortschreitende Dezimierung der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung einerseits sowie auf die durchgreifende Rationalisierung der bäuerlichen Arbeit durch Mechanisierung und der damit verbundenen Änderung der Lebensgewohnheiten anderseits, zurückzuführen sein dürfte.

Eine Abhängigkeit der Ehefrequenz von den Getreidepreisen nachweisen zu wollen, wie dies B. Weiß im Jahre 1879 versuchte, ist wohl für die Gegenwart als überholt zu betrachten und dürfte auch für die damalige Zeit, soweit man die Getreidepreise allein für die Heiratshäufigkeit verantwortlich zu machen suchte, anzuzweifeln sein, weil es auch damals bereits mehr als nur eine Ursache gab, wenngleich die Vielfalt der Faktoren, welche die Heiratshäufigkeit bestimmen, erst im Laufe der Jahre allmählich zugenom- men hat.

Die Heiratsgründe sind verschieden

Die Häufigkeit der Eheschließungen bleibt in Österreich nicht allein auf vorwiegend industrielle Gebiete beschränkt. Da eine niedrige Einwohnerzahl im allgemeinen eine ländliche, eine höhere dagegen eine städtische Siedlungsform kennzeichnet, ergibt sich, daß ein Großteil des männlichen Nachwuchses der Landgemeinden auswärts, also vorwiegend in Städten, heiratet.

Abgesehen von den bereits erwähnten, örtlich verschiedenen Gegebenheiten sind für das Ausmaß der Ehefrequenz auch oftmals noch andere Überlegungen maßgebend. Wenn wir hier alles Gefühlsmäßige, das die Menschen zur Heirat bewegt, ausschalten wollen, so ist oftmals die Annahme, daß in gewissen Fällen — zum Beispiel bei Einheiraten — die Gründung eines eigenen Hausstandes eine Verbesserung des bisherigen Lebensstandards oder, wie in vielen Fällen, die Zusammenlegung zweier ehemaliger Jung gesellenhaushalte durch Eheschließung zumindest eine Senkung der Lebenshaltungskosten und eine vermehrte Chance, sich gewisse Gebrauchs- und Luxusgüter eher erwerben zu können, für eine Heirat mitbestimmend. In gewissem Maße (dies traf jedoch weit mehr in der Deutschen Bundesrepublik zu) mögen auch Erwägungen bezüglich steuerlicher Begünstigungen von Ausschlag sein. Alle diese Überlegungen zusammen wirken mitbestimmend auf die Neigung und Befähigung des Menschen zur Begründung eines eigenen Hausstandes und einer eigenen Familie und erklären auch vielfach die Verschiedenheiten der Heiratshäufigkeit in den einzelnen Gebieten.

Wenn in den ersten Nachkriegsjahren Pessimisten eine Auflösung der bestehenden Familienordnung prophezeiten, so hat sich dies glücklicherweise bisher nicht bewahrheitet. Wohl prägt sich in unserer Zeit eine ganz neue Form der Familie und damit auch der Ehe aus, die sich wesentlich von früheren Formen unterscheidet. Nicht alles daran mag gut sein — aber dies war auch früher nicht der Fall, keineswegs aber ist alles schlecht. Die Umformung von Familie und Ehe ist lediglich ein Beweis dafür, daß beides Institutionen sind, die sehr lebendig, wandlungs- und anpassungsfähig sind. Jedenfalls kennzeichnen R. Ungern- Sternbergs Worte: „Der Familiensinn bleibt wach, obwohl er manchmal zu schlummern scheint“, auch die Entwicklung der Heiratshäufigkeit in Österreich. Eine befriedigende und positive Feststellung.

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