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Kleinere und mittlere Betriebe

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Der konsumorientierte und der produktionsorientierte Mittelstand (wenn man diese Subhegriffe übernehmen will) haben je für sich einen Eigenstand. Entzieht man sich der Versuchung, Dienstnehmer und Dienstgeher mit ihren im Ursprung doch verschiedenen Interessen völlig einem einzigen Stand zuzurechnen, wird es auch möglich sein, die Probleme der Eigentümer der kleineren Betriebe in ihrer Besonderheit zu verstehen.

In den USA wird den Fragen des Small Business (Betriebe bis 500 Mann Belegschaft und einer Million Dollar Eigenkapital) eine große Aufmerksamkeit seitens der amtlichen Wirtschaftspolitik gewidmet. Dabei wird die Frage der kleineren Unternehmungen lediglich als politisches Problem gesehen und jede weltanschauliche Fragestellung vermieden.

In Österreich rechnet man dem Sektor der mittelständischen Betriebe im allgemeinen jene Unternehmungen zu, die bis zu 49 Beschäftigte haben.

Nun ist man im „Westen“ gewohnt, viel von der Wirtschaftsfreiheit zu reden, bei uns und in der Bundesrepublik Deutschland im besonderen von der Sozialen Marktwirtschaft. Gleichzeitig kann man es sich aber nicht versagen, alles zu tun, um den Bestand an risikotragenden eigenverantwortlichen Unternehmern und auf diese Weise die notwendig gewordene Integration der kleineren Betriebe in der modernen Industriegesellschaft zu behindern, wenn nicht unmöglich zu machen. Der Kampf der offiziellen Wirtschaftspolitik gegen den selbständigen Gewerbebetrieb vollzieht sich in verschiedenen Formen. In der Kreditpolitik ebenso wie im Rahmen der tatsächlichen Bevorzugung der Großbetriebe, da, wo eine solche Förderung keineswegs volkswirtschaftlich geboten erscheint. Die Großbetriebe werden beileibe nicht nur durch wilde Etatisten oder Konzernisten bevorzugt. Nicht selten sind es selbst wortgewaltige Vertreter der Sozialen Marktwirtschaft, die für die Kleinen nicht viel übrig haben, ohne zu bedenken, daß das, was sie als Soziale Markt- wirtschaft verstehen, ohne eine beachtliche Zahl von konkurrenz- fähigen und konkurrenz willigen Betrieben undenkbar ist, es sei denn, man versteht als Soziale Marktwirtschaft nur eine besondere Form der „Sozialistischen Konkurrenz“. ln welcher Form soll etwa jene dezentralisierte Initiative, die allein den freien Wettbewerb zu sichern vermag, möglich sein, wenn Kartelli- sierung und Konzernierung jede Eigeninitiative liquidieren und eine zweite, freilich eitel als „privat“ etikettierte Wirtschaftsbürokra’ie entstehen lassen, bis hin zur Bestrafung jener Gewerbetreibenden, die es wagen, aus der Preisbindung der Zweiten Hand auszubrechen und ihre Preise unterhalb der Kartelltaxe anzusetzen. Anderseits darf selbstverständlich eine Förderung des kleinen Eigentums nicht zur Konservierung von unzeitgemäßen technischen und unternehmerischen Methoden benützt werden.

Sosehr man also das Anliegen der kleinen und mittelgroßen Gewerbebetriebe, angesichts der Bedrohung durch anonyme Institutionen und Konzentrationen, als legitim ansehen muß, darf eine Gleichsetzung von Mittelstand und Small Business nicht gebilligt werden. Wenn sich cie Anhänger einer, ohnedies schwer definierbaren Mittelstandspolitik nicht dazu verstehen wollen, .in ihren Sorgebereich auch die Anliegen der großen Zahl von Dienstnehmern und Bauern, die auf Grund ihrer sozialökonomischen Situation Mittelstand dnd, einzubeziehen, handelt es sich hei dem, was man als Mittelstand versteht, einfach um jene Gewerbetreibenden, die nicht der Industrie zuzurechnen sind. In diesem Fall reduziert sich die Mittelstandspolitik auf die Vertretung der Interessen einer Gruppe, die freilich in ihrem Bestand durch die soziale und noch mehr durch die technische Entwicklung gefährdet und außerordentlich sorgebedürftig ist.

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