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Salzburg, „die schöne Stadt“

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Wenn im Jahre 1945 jemand unseren sorgengeplagten Stadtvätern vorausgesagt hätte, ihre Stadt werde nach 23 Jahren doppelt so viele Wohnungen und rund 26.000 Einwohner mehr zählen, wäre er kaum angehört oder für voll genommen worden, und doch hätte er recht gehabt: Salzburg, vor 50 Jahren noch ein beschauliches Kleinstädtchen mit rund Einwohnern und 1900 Häusern, ist eine Großstadt geworden. Diese von niemanden voraussehbare Entwicklung hat einen Gutteil jener Probleme nach sich gezogen, denen wir uns heute, ebenso wie viele andere Städte Mitteleuropas, gegenübersehen: Versorgung der immer noch anwachsenden Bevölkerung mit Elektrizität, Gas und Trinkwasser, Abwasserbeseitigung, Einrichtung ausreichender Verkehrsflächen und öffentlicher Verkehrsmittel, Bau von Kindergärten und Schulen, Straßenbeleuchtung… Jeder Kommunalpolitiker kennt die schier endlose Reihe dieser „Pflichtaufgaben“.

Zu diesen treten nun im Falle Salzburg weitere Aufgaben, die durch die geographische Lage der Stadt, ihre Tradition, ihre besondere wirtschaftliche Struktur bedingt, zwar den Satzungen nach nicht „Pflicht“, für die verantwortungsbewußte Stadtverwaltung aber sehr wohl „Verpflichtung“ bedeuten.

An deren Spitze steht die Erhaltung des historischen Teiles der Stadt und in enger Beziehung dazu die Verbesserung der äußerst schwierigen Verkehrssituation. Die im Durchschnitt etwa 500 Jahre alten Verkehrsflächen des Stadtkerns, die vorwiegend für Fußgänger, bestenfalls für Pferdefuhrwerke angelegt worden waren, können den heutigen Anforderungen des fließenden und des ruhenden Verkehrs nicht mehr gerecht werden. Was nun in Städten, deren baulicher Charakter nicht nach unversehrter Erhaltung verlangt, im wesentlichen eine Frage moderner Planung (und natürlich der Finanzierung) ist, wird für Salzburg, das übrigens die am stärksten motorisierte Stadt Österreichs ist und in der Hauptreisezeit von hunderttausenden meist motorisierten Gästen besucht wird, zu einem wirklichen Problem, da an eine Demolierung verkehrsbehindernder Objekte mit Rücksicht auf die rhaltungswürdigkeit des - "-:1- des des Altstadtbezirks unter keinen Umständen gedacht werden kann. Mit der c.rnu g eines aufnahmefähigen Umfahrungsringes und einer Anzahl von Parkgaragen am Rande des historischen Bezirks — die Vorarbeiten hiefür sind bereits weitgehend gediehen — hofft die Stadt wesentliche Erleichterungen zu erreichen.

Salzburg verdankt sein Attribut „die schöne Stadt“ nicht nur seinen Bauten, sondern auch seiner Einbettung in eine einmalige Landschaft, weshalb der Lenkung der Stadtentwicklung besonderes Augenmerk zugewendet werden muß, um unschöne Wucherungen in den Ubergangsbereichen zwischen Stadt und umgebendem Land möglichst zu vermeiden. Auch hiefür hegt eine Reihe beachtenswerter Planungen vor, die in naher Zukunft überprüft und schrittweise realisiert werden sollen.

Das Fehlen größerer Industriebetriebe — an sich ein Pluspunkt für den Fremdenverkehrsort — hat eine geringere Höhe der in Industriestädten nicht unerheblichen städtischen Einnahmen zur Folge und muß in irgendeiner Form ausgeglichen werden, nicht zuletzt aber auch, um eine genügende Anzahl saisonunabhängiger Arbeitsplätze zu schaffen. Aus der Erkenntnis dieser Situation sind die Bemühungen der Stadt um die mögncnst gleichmäßige Verteilung des Fremdenzustromes auf das ganze Jahr erwachsen. Diesem Ziele diente der Bau des Kongreßhauses und die Einrichtung eines Kongreßbüros, das seit seiner Eröffnung (1957) etwa 1050 Kongresse mit insgesamt 400.000 Teilnehmern nach Salzburg brachte. Die im Stadtgebiet selbst und in der näheren Umgebung vorhandenen Moorvorkommen, eine Glaubersalzquelle sowie die zur Verfügung stehende Bergwerkssole legten den Gedanken nahe, diese natürlichen Kurmittel einem weiten Kreis von Heilungssuchenden zugänglich zu machen. Zu diesem Zweck wurde das im Jahr 1958 erbaute Kurhaus umgebaut und modernisiert, ein im Süden der Stadt gelegenes besonders geeignetes Gebiet wurde als Kurzone festigelegt; seit einigen Wochen ist nunmehr Salzburg auch offiziell als Kurstadt anerkannt Nicht unerwähnt soll schließlich bleiben, daß die Stadt neben den Salzburger Festspielen in großzügiger Weise einer beträchtlichen Zahl privater, vielfach außerhalb der Saison liegender kultureller Veranstaltungen materielle und ideelle Förderung angedeihen läßt und damit einen weiteren Beitrag zur Festigung der heimischen Wirtschaft leistet.

Wenngleich es nicht möglich ist die Probleme unserer Stadt auf so engem Raum auch nur einigermaßen vollständig darzustellen, so mag doch aus diesen kurzen Andeutungen hervorgehen, daß Salzburg sich seiner Pflichten den Einwohnern gegenüber, ebenso aber auch seiner Verpflichtungen, der Welt diese prächtige Stadt und ihre Kulturstätten zu erhalten, stets bewußt ist.

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