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Südstadtbeivußtsein

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„Eine Stadt ohne Kirche ist keine Stadt“, sagen die Bewohner der „Gartenstadt Süd“ heute noch, wenn sie sich am Vormittag des Sonntag im zu einer provisorischen Kapelle umgestalteten Vorraum des Verwaltungsgebäudes der Landesgesellschaften zur Meßfeier treffen. Über die bemerkenswertesten Projekte, die anläßlich eines von der Erzdiözese Wien ausgeschriebenen Wettbewerbes für eine neue Südstadtkirche eingereicht wurden, hat „Die Furche“ (Nr. 22 1966) bereits berichtet. 90 Projekte wurden vor

gelegt — die Aufgabe, in eine moderne Stadt eine moderne Kirche zu stellen, war für- die Architekten verlockend. Die Jury, deren Vorsitzender Prof. Roland Rainer war, hat aus der Zahl der Einreichungen drei Projekte ausgezeichnet, die der Architekten Lintl und Pointner mit je einem ersten, das des Architekten Lavaulx mit einem dritten Preis.

Mit dem Bau einer Kirche wird nun die „Gartenstadt Süd“ einen echten Mittelpunkt haben und damit endgültig zur „Stadt“ werden. Die Idee, im Raum südlich, von Wien eine neue Stadt zu schaffen, die bis ins letzte Detail auf dem Reißbrett vorgeplant werden sollte, war nicht neu: Schon der ehemalige Stadtplaner von Wien, Roland Rainer, hat dafür ein Projekt entworfen, eine Stadt mit eigenem Zentrum, mit Schule, Einkaufbereich, Kirche, Bahnhof und Sportplatz, vor allem mit „mehr Ellenbogenfreiheit des Wohnens“. Das Projekt liegt heute noch in einer Schublade der Gemeinde Wien

Niederösterreich hat keine Hauptstadt — die Leitungen der Betriebe sind in Wien, die Steuern fließen nicht dem Land zu! Die Verlegung der Newag-Niogas in den Raum südlich um Wien schafft ein neues, verkehrsmäßig günstiges Zentrum, dessen Planung — wieder nach einem Wettbewerb — dem Team Hubatsch-Kiener-Peichl übertragen

wurde. Das Team überlegte: Es gall eine Stadt mit eigener Funktion zi schaffen, mit den Arbeitsstätten de Landesgesellschaften als wirtschaft lichem Schwerpunkt, mit der Sied lung, die leicht vom Arbeitsplatz z: Fuß erreicht werden kann, die indi viduell gestaltet ist: Wohngärten Wiesen und Bäume zwischen dei Wohnblöcken, Kinderspielplätze schließlich der weite Erholungsraun um die „Südstadt“ sorgen dafür. E ist eine „junge“ Stadt, eine Stad mit vielen Kindern: Das Durch schnittsalter der Bewohner liegt be 28 Jahren für Männer und 26 Jahrei für Frauen. Newag-„General“ Müll ner: „Ein umfassendes Konzep wurde nicht nur erstellt, sondern auch durchgeführt, in enger Zusam menarbeit zwischen dem Land Nie derösterreich und seinen Landes gesellschaften: Die Bereitstelluni des Geländes, die Aufschließung de: Baulandes und die Baudurchfüh rung.“

Die „Südstadt“ ist keine Zelle füi eine künftige Landeshauptstadt, sii ist auch keine Satelliten- ode: Schlafstadt — sie ist dagegen seh: wohl im Interesse des Landes errichtet, bremst die Abwanderung nach Wien und lenkt den nicht geringen Strom der Steuermittel wieder in die Landeskassen. Und nichi zuletzt: die „Südstadtler“ sind stolz auf ihr neues Stadtbewußtsein!

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