Filmfestspiele Venedig: Feministischer Frankenstein
In Venedig gewann Yorgos Lanthimos mit „Poor Things“ den Hauptpreis – völlig zu Recht. Und auch sonst konnte man ein starkes Festival erleben.
In Venedig gewann Yorgos Lanthimos mit „Poor Things“ den Hauptpreis – völlig zu Recht. Und auch sonst konnte man ein starkes Festival erleben.
Er war der strahlende Sieger dieses Abends bei der Preisverleihung der 80. Filmfestspiele von Venedig: Dabei war dem Griechen Yorgos Lanthimos völlig klar, dass dieser, sein Triumph vor allem durch seine grandiose Hauptdarstellerin Realität geworden ist: In „Poor Things“, für den es den Goldenen Löwen gab, ist Emma Stone als Bella Baxter zu sehen, eine junge Frau, an der vieles ziemlich entrückt wirkt. Es stellt sich schnell heraus, dass sie eine Art Frankenstein-Experiment des Wissenschafters Godwin Baxter (Willem Dafoe) ist. Hochschwanger hat sich Bella in den Tod gestürzt, ihr Körper landet auf dem Tisch des experimentierfreudigen Baxter, der das Gehirn ihres ungeborenen Babys in den Kopf der Mutter verpflanzt.
Nach erfolgreicher Wiederbelebung ist Bella, die ihren Schöpfer Godwin gerne God nennt, eine junge Frau mit dem Gemüt eines Kleinkindes, das aber auch in großem Selbstbewusstsein den eigenen Körper und bald auch die eigene Sexualität entdeckt. Dabei behilflich ist ihr der schmierige Anwalt Duncan Wedderburn (Marc Ruffalo). „Poor Things“ ist nicht nur ein sehr erotischer Film, sondern auch ultrakomisch und skurril, und stellt die Frage, was Wissenschaft eigentlich darf. So stilsicher, wie Lanthimos diesen Trip inszeniert, war ihm der Hauptpreis gewiss. Und für Emma Stone kann es für diese feministisch angehauchte Frankenstein-Version am Ende nur der Oscar werden.
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