Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Oscar-Regen über Kuckucksnest
Schon oft hat es in der langen Geschichte der „Oscars“, welche die „Academy of Motion Picture Art and Science“ alljährlich vergibt, diese Auszeichnungen auf einzelne Filme geradezu heruntergeregnet. Und nicht selten geschah dies zum Mißvergnügen der Filmfreunde, weil man kommerzielle Hits und Monsterschinken allzu reichlich bedachte.
Der heuer prämiierte Streifen „Einer flog über das Kuckucksnest“, der mit nicht weniger als sechs „Oscars“ prämiiert wurde, läßt sich sicher nicht in die beiden oben zitierten Kategorien einordnen. Hier geht es um Anspruchsvolles, Hintergründiges, das sicher nicht so leicht an den Mann zu bringen ist. Nach dem Roman „One flew oVer the cuckoo's nest“, den der Autor Ken Kesey angeblich unter Drogeneinfluß geschrieben hat, erzählt der Film die Geschichte eines gesellschaftlichen Außenseiters, der zur Beobachtung in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wird und auch dort das System in Frage und die Klinik auf den Kopf stellt, bis er mit Gewalt „angepaßt“ wird. Das Drehbuch, das Lawrence Hauben und Bo Goldman nach der literarischen Vorlage geschrieben haben, erhielt ebenso einen „Oscar“ wie der Film selbst, an dem übrigens der hierzulande durch die Fernsehkrimiserie — Die Straßen von San Franzisko — sehr populäre Michael Douglas als Koproduzent beteiligt ist.
Ein „Oscar“ fiel auch an den Regisseur Milos Forman, der in den sechziger Jahren in seiner tschechischen Heimat — und weit darüber hinaus — durch seine Filme „Der schwarze Peter“ und „Die Liebe einer Blondine“ bekannt wurde. Die gewaltsame Okkupation seiner Heimat durch die Truppen des Warschauer Pakts veranlaßte den feinsinnigen Künstler zur Emigration in
die USA, wo er 1971 mit „Auf und davon“ (Taking off) das ihm besonders adäquate Genre der sozialkritischen Satire geradezu bruchlos in das Milieu seiner neuen Heimat transponierte. Forman entwickelt auch in diesem seinem zweiten US-Film viele Tugenden einer subtilen Menschenbeobachtung, bringt zahlreiche Nuancen vom Skurrilen bis zum Tragischen ins Spiel, arbeitet das Verhältnis von „Normalen“ zu „Verrückten“ auf überzeugende Weise heraus, findet aber nicht immer ganz die Balance zwischen aggressiver Komik und bitterem Ernst.
Mit „Oscars“ bedacht wurden auch die Hauptdarsteller des Films. Jack Nicholson stand ja schon seit einigen Jahren, spätestens seit Polanskis „Chinatown“ oder Antonionis „Beruf: Reporter“ auf dem Sprungbrett zu höchsten Ehren; von seinem bei aller Sparsamkeit der mimischen Mittel unendlich vielfältigen schauspielerischen Kaliber gibt es heute in der internationalen Filmszene wohl nur eine Handvoll Persönlichkeiten. Seine Partnerin Louise Flecher (hier als brutale Oberschwester) ist für uns noch ein ziemlich neues Gesicht, das man aber bald wieder zu sehen hofft. “
In diesem Zusammenhang sei auch der „Oscar“ für den besten ausländischen Film genannt, der in den letzten Jahren meist an die Regiegi-ganten Bergman, Fellini oder Bunuel gegangen war. Heuer wurde der große Japaner Akira Kurosawa ausgezeichnet, für den in sowjetischer Produktion gedrehten Film „Dersu Uzala“, der soben im Viennale-Pro-gramm lief und noch einmal im Rahmen der Kurosawa-Retrospek-tive des österreichischen Filmmuseums in der Albertina zu sehen war.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!