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Nichts Neues in der Welt…

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Ein Standardwerk der Geschichte der Pädagogik. Der Verfasser Marrou, Professor an der Sorbonne, hat in jahrzehntelanger Arbeit das Werk 1948 zu Ende geführt. Es hat rasch seine dritte Auflage in französischer Sprache erlebt, wurde ins Englische übersetzt und nun liegt die deutsche Ausgabe von Charlotte Beumann, Marburg, vor.

Die Darstellung umfaßt die Zeit von der Minoi- schen und Mykenischen Zeit bis zum Zusammenbruch des Römischen Reiches und schließt mit der mittelalterlichen Bildung, wo das Christentum das Erbe der Antike übernimmt. Sie ist räumlich lückenlos, denn sie konzentriert sich nicht auf die Hochburgen der antiken Kultur, wie Athen, Alexandria, Antiochia, Byzanz, sie schließt die alten Kolonialländer vom Schottenwall bis zum Indusdelta, von der skytischen Küste bis zur afrikanischen Wüste.

Es ist eine streng wissenschaftliche Arbeit. Alle Quellen sind erschlossen, mehr als hundert Seiten umfaßt das Verzeichnis des Quellenmaterials und 24 Photos bringen die neuesten Entdeckungen auf dem Gebiete in anschaulicher Weise zur Darstellung. Wir verfügen wohl auch über den Fortschritt der Forschungen, viele Monographien über einzelne Gebiete und Personen; mit der Zeit nahmen diese Spezialarbeiten fast eine Monopolstellung ein. Marrous großes Verdienst ist es, die Zusammenhänge aufzuhellen und die Lücken zu schließen. Er deckt die Ursprünge der klassischen Erziehung auf, entwickelt ihren Fortschritt von Homer zu Isokrates, gibt ein authentisches Bild der Erziehung im hellenistischen Zeitalter und zeigt die römische Erziehung im neuen Lichte.

Was das Werk besonders wertvoll macht, ist die konkrete, nur auf Quellen fußende Darstellung der Bildungseinrichtungen vom Kleinkind bis zur Selbstbildung des Erwachsenen. Wir sehen den pädagogischen Sklaven an seiner Bildungsarbeit; die Einrichtung einer Volksschule in den ägyptischen Oasen; Lektürenverzeichnis der hellenistischen Rechenschulen, Lehrmethoden, Elternvereine, Ganzheitsmethoden, antike Schulgesetze. Das Problem der antiken Erziehung und Bildung wird immer mit unseren Bildungssorgen in Beziehung und Vergleich und Wertung gebracht. Unser Hochschulstudium als Forschungs- und Lehrinstitution, das Mittel- und Elementarschulwesen in seiner zweAhaften Bestimmung, Kind, Eltern, Gemeinde. Staat, die Kirche und die Schule in ihrer Eigenständigkeit und ihren Rechtsansprüchen auf die Bildungsarbeit, wir finden sie im klassischen Altertum jederzeit und überall im Flusse. Oft erstaunen wir über die modernen Lösungen all dieser Fragen in irgendeinem kleinasiatischen Stadtstaat.

In flüssigem Stil meistert Marrqu in anziehender Darstellung diese schwierige Materie. Sie regt zu vertieftem Studium mit dem angeführten Quellenmaterial an. Marrous Werk wird dem Christentum und seinen großen Lehrern, insbesondere den großen Kirchenlehrern des ausklingenden Altertums, gerecht.

Dieses Werk, das bezeichnenderweise als Leitwort die Worte Augustinus’ bringt: „Per fidem martyrum — pro veritate morientium cum veritate viventium”, wird jedem, der mit Pädagogik sich beschäftigt, empfohlen, nicht nur als Lektüre, sondern als Standardwerk für seine Lebensarbeit.

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