Gespräche in den Mühen der Ebene

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Die katholische Kirche Steiermark lud zu einem offenen "Diözesangespräch“: Engagierte kamen, die erhofften Kirchenskeptiker hingegen blieben aus.

"Offen über Kirche reden“ hieß es am Freitag in der Steiermark. Die Diözese Graz-Seckau lud an sechs Standorten zu Regionaltreffen des sogenannten "Diözesangesprächs“. Zusammen mit der neuen Homepage www.katholische. kirche-steiermark.at und der Steirischen KirchenInfo, die regelmäßig in die steirischen Haushalte flattert, soll dieses eine "umfassende Kommunikationsoffensive“ bilden - als Reaktion auf die Rekordaustrittszahlen im Jahr 2010. "Die Kirche möchte deutlich machen, dass sie durch die Missbrauchskrise und die damit verbundenen hohen Austrittszahlen nicht gelähmt ist, sondern sich konstruktiv den gesellschaftlichen Herausforderungen stellt und dem Leben der Menschen dienen möchte“, hieß es im Vorfeld in einer Aussendung.

Treffpunkt der Engagierten

Funktioniert hat das nur bedingt. Der Sprecher der Diözese, Georg Plank, ist zwar zufrieden mit der Aktion, gibt aber zu, dass ein wichtiger Teil des Zielpublikums kaum oder sogar überhaupt nicht angesprochen werden konnte: "Leider ist es uns offensichtlich nicht gelungen, jene anzusprechen, die der Kirche skeptisch gegenüber stehen und sich immer weiter von ihr entfernen. Wir hatten fast ausschließlich kirchlich engagiertes Publikum.“ Und das trotz groß angelegter Medienkampagne und Einladungsschreiben im Zug der letzten Kirchenbeitrags-Aussendungen.

Sabine Bauer ist eine der Engagierten, die gekommen sind. Sie ist auch Sprecherin der Steiermark-Fraktion der Plattform "Wir sind Kirche“, steht der sogenannten Amtskirche also eher kritisch gegenüber. Bauer besuchte die Gesprächsrunde in der Grazer Caritas-Schule, bei der Weihbischof Franz Lackner und die Leiterin der Jungen Kirche, Tamara Strohmayer, als Ansprechpartner von Seiten der Diözese anwesend waren. "Ein Stimmungsbild“ habe die Veranstaltung abgegeben, sagt sie im Gespräch mit der FURCHE, konkrete Konsequenzen erwarte sie sich aber nicht. Zwar seien die "heißen Eisen“, wie zum Beispiel wiederverheiratete Geschiedene, Pflichtzölibat oder die Rolle der Frau in der katholischen Kirche diskutiert worden - von den Antworten des Weihbischofs war sie aber "mehr als enttäuscht“.

"Grundsätzlich sind derartige Initiativen natürlich zu begrüßen“, meint Bauers Kollege Hans Peter Hurka, Bundes-Vorsitzender von "Wir sind Kirche“, fügt aber gleich hinzu: "Es ist zu befürchten, dass das nur Beruhigungspillen sind. Bei den wirklichen Problemen kommen dann die üblichen Argumente: Die Weltkirche sträubt sich, es braucht seine Zeit etc.“ Auch die "Laieninitiative“ schlägt ähnliche Töne an: "Wir glauben, dass das eine Art Beschäftigungstherapie ist, die vom Wesentlichen ablenken soll“, sagt der ehemalige Politiker und Obmann der Initiative, Herbert Kohlmaier. Es sei naiv, zu glauben, dass man mit derartigen Angeboten jene zurückholen könne, die schon knapp vor dem Austritt stehen. "Und die, denen noch etwas an der Kirche liegt, sind umso frustrierter, wenn dann bei den wichtigen Themen immer wieder die gleichen Grenzen gesetzt werden.“

Hat unter diesen Voraussetzungen ein Diözesangespräch einen Sinn? Der Präsident der Katholischen Aktion Steiermark, Hans Putzer, hat Schlüsse aus den Gesprächen gezogen, die Forderungen an die Laien wie an die Kirchenleitung beinhalten. Von den Laien wünscht sich Putzer mehr Selbstvertrauen: "In diesen Diskussionen geht es immer nur um die kirchlichen Ämter, dabei könnten doch die Laien selbst so viel mehr in ihre eigenen Hände nehmen“, meint er: "Ich verstehe nicht, warum die Laienschaft da nicht mehr Selbstvertrauen an den Tag legt und sich selbst auf Augenhöhe mit der Kirchenleitung zu sehen beginnt.“

Teil eines größeren Ganzen

Diese sei ihrerseits aber genauso gefordert, und könne sich nicht ewig vor gewissen Reformen drücken. In der Steiermark werden diese seiner Ansicht nach aber nicht ihren Ausgang nehmen. "Die revolutionäre Sprengkraft ist hier bei uns höchst beschränkt“, so Putzer. "Wir haben weder auf der reformerischen Seite noch bei den ganz Konservativen die Extrempositionen, die es anderswo gibt.“

Auch Diözesansprecher Plank weiß, es darf nicht bei dieser einen Veranstaltung bleiben. "Wir haben am Freitag eine Unmenge an Eindrücken gesammelt, die wir jetzt auswerten werden. Dann werden wir sehen, was wir wie umsetzen können.“ Dass das den Kritikern mitunter nicht reichen wird, ist ihm klar. Trotzdem bittet er um Verständnis: "Wir wissen, dass wir Taten brauchen. Gleichzeitig dürfen wir uns nicht auf einzelne sogenannte ‚heiße Eisen‘ versteifen. In vielen Bereichen bewegt sich etwas. Das ‚Diözesangespräch’ war nur ein Teil eines größeren Ganzen.“

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