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Eine Aussprache wurde eröffnet

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Im alten bischöflichen Schloß Seggauberg bei Leibnitz, das zu einem modernen Bildungsheim umgestaltet wurde, hat sich die Grazer Diözese einen Ort geistiger Aussprache und geistiger Sammlung geschaffen. Auf dieses, die liebliche Landschaft der Südsteiermark überragende Schloß hatte die Katholische Aktion der Steiermark am vergangenen Wochenende zu einer Tagung, ,.Bewältigung der Demokratie“, eingeladen, an der überraschend viele, auch Politiker, teilnahmen, an der Spitze der stei-rische Landeshauptmann Krainer. Am Sonntag hatte auf dieser Tagung auch der Wiener Erzbischof, Kardinal Dr. König, gesprochen, dessen Ausführungen über „Kirche und Demokratie heute“ wir an führender Stelle des Blattes bringen. Kardinal König hatte sich in seiner Rede unter anderem, aber auch mit der katholischen Laienfoewegung, der Katholischen Aktion, befaßt und dazu eine Reihe interessanter Ausführungen gemacht:

„Die Kirche hat in Österreich nach 1945 eine große Anzahl katholischer Vereine und Verbände nicht reaktiviert und an ihre Stelle als einheitliche katholische Laienbewegung die Katholische Aktion gesetzt. Wir können heute schon einen genügend langen Zeitraum überblicken, um uns die Frage zu stellen, ob diese Maßnahme die Erwartungen, die in sie gesetzt wurden, entsprochen hoben, oder ob wir nach neuen Formen der katholischen Bewegung Ausschau halten sollen. Die Katholische Aktion ist eine Laienbewegung, von Laien getragen, von Laien geführt. Aufgabe des Priesters ist es, als Geistlicher Assistent zu wirken. Für viele, vor allem für jene Außenstehende, die wir ja durch die Katholische Aktion gewinnen wollen, hat es heute oft den Anschein, als ob die katholische Organisation eine klerikale Organisation wäre, von Priestern initiiert, programmiert und kommandiert, wobei der Laie oft nur die Rolle eines Erfüllungsgehilfen, spiele. Das aber wäre weht der Sinn der Katholischen Aktion. Ich weiß, was die Priester-, die in der Katholischen Aktion tätig sind, darauf antworten werden: Daß sie nicht die geringste Lust hätten, zu führen und zu kommandieren, daß sie aber immer wieder einspringen müßten, weil eben sonst nichts, vieles halb und manches auch falsch geschehe. Ich kann darauf nur antworten, lassen wir die Laien auch selbständig arbeiten, lassen wir sie etwas allein in Angriff nehmen, alles durchführen, allein entscheiden; auch dann, wenn manches nicht unseren Wünschen entspricht, auch dann, wenn wir meinen, daß vieles halb und vieles falsch gemacht wird. Scheuen wir keine Auseinandersetzung mit den Laien, aber drücken wir ihnen unseren Willen nicht auf.

Und noch etwas ganz Materielles, das ich aber nicht unerwähnt lassen will. Eine als Apparat, als ,klerikale Institution' aufgebaute Katholische Aktion bedarf nicht nur beträchtlicher finanzieller Mittel, sondern auch der selbstlosen, oft unbezahlten und unbeachteten Mitarbeit so vieler treuer Aktivisten. Es wäre grober Undank, sie zu vergessen. Aber nach einem alten österreichischen Grundsatz heißt es: ,Wer anschafft, der zahlt.' Und wenn die Kirche anschafft,

durch ihre Priester in einer Laienbewegung anschafft, dann zahlt eben die Kirche. Und bevor noch überhaupt irgendein Strich getan sei, werden Kostenberechnungen aufgestellt und Budgetvoranschläge eingereicht, die manchem Bischof schwere Sorgen bereiten. Wenn man aber etwas aus sich selber macht, aus eigenem Antrieb, aus eigener Verantwortung und in eigener Entscheidung, dann sei es selbstverständlich, daß man auch die Mittel, die man dazu braucht, so weit als möglich aus eigenem aufzubringen sucht.“

Mit diesen Worten hat der Kardinal, der ausdrücklich betonte, er wolle nicht zum Grundsatzkonzept der Katholischen Aktion, sondern zu ihrer Umsetzung in die Wirklichkeit Stellung nehmen, ein für die Katholiken dieses Landes sehr wichtiges Problem berührt. Eine Aussprache wurde damit eröffnet.

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