KI und Literatur - © Illustration: iStock/ Moor Studio

Literatur aus dem Automaten

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Die japanische Autorin Rie Kudan erhielt den renommierten Akutagawa-Literaturpreis. Sie hatte ihren Roman mithilfe von ChatGPT geschrieben. Wie verändert KI das Schreiben?

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Die japanische Autorin Rie Kudan erhielt den renommierten Akutagawa-Literaturpreis. Sie hatte ihren Roman mithilfe von ChatGPT geschrieben. Wie verändert KI das Schreiben?

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Vor einiger Zeit erhielt die japanische Autorin Rie Kudan für ihren Roman „Tokyo-to Dojo-to“ den renommierten Akutagawa-Preis. Die Jury des Literaturpreises, der als bedeutendste Auszeichnung für japanische Autoren gilt, lobte das „beinahe makellose“ und „universell genießbare Werk“. Es sei „so perfekt, dass es schwerfällt, Fehler darin zu finden“.

In dem Science-Fiction-Roman geht es um ein Hochhausgefängnis in einem futuristischen Tokio, die Intoleranz des Architekten mit Kriminellen und Künstliche Intelligenz. KI ist aber nicht nur ein Sujet des Buchs, sondern gleichsam sein Werkzeug: Wie die 33-jährige Autorin in ihrer Dankesrede einräumte, schrieb sie das Werk mithilfe von ChatGPT. Rund fünf Prozent des Inhalts seien computergenerierte Sätze. Der Chatbot hätte ihr kreatives Potenzial entfesselt, sagte Kudan in ihrer Dankesrede und fügte, ganz dem Harmoniestreben der japanischen Kultur folgend, hinzu, sie wolle weiterhin eine „gute Beziehung“ zu KI haben.

Das konnte man auch als leise Kritik an den Kollegen und Kolleginnen im Westen deuten, deren Verhältnis zu Maschinen alles andere als harmonisch ist. In Hollywood traten im vergangenen Jahr Drehbuchautoren in den Streik, weil sie Angst haben, dass ihre Arbeit von Computern ersetzt wird, prominente Autoren, darunter Jonathan Franzen und John Grisham, verklagten den ChatGPT-Entwickler Open AI wegen Verletzung ihrer Urheberrechte.

Vorläufer der Computerpoesie

Eine Autorin, die mit Computertechnik die höheren Weihen der Literatur erhält? In Europa oder den USA wäre das ein Literaturskandal erster Güte. In Japan allerdings, wo die Kunstszene traditionell experimentierfreudiger mit neuen Technologien umgeht und Roboter als beseelt gelten, war die Meldung ein Kuriosum. Während die einen Kudans Talent in Frage stellten, lobten die anderen die kunstfertige Nutzung des Textgenerators.

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