
Ferngesteuerter Journalismus
Die Wissenschaftskommunikation professionalisiert sich – und verlagert sich ins Vorfeld der Medien. Zwei Beispiele für eine Entwicklung, die kritisch zu sehen ist – und die zeigt, wie notwendig unabhängiger Wissenschaftsjournalismus gerade heute ist.
Die Wissenschaftskommunikation professionalisiert sich – und verlagert sich ins Vorfeld der Medien. Zwei Beispiele für eine Entwicklung, die kritisch zu sehen ist – und die zeigt, wie notwendig unabhängiger Wissenschaftsjournalismus gerade heute ist.
Die Wissenschaftskommunikation professionalisiert sich. Sie verlagert sich aber auch immer mehr ins Vorfeld des Journalismus, in die Öffentlichkeitsarbeit. Und der Journalismus wird der Flut von PR-Meldungen, die täglich in die Redaktionen gespült wird, schon lange nicht mehr Herr. Das lässt sich an zwei Beispielen ermessen: Den ersten Fall hat der frühere Chefredakteur von Bild der Wissenschaft, Reiner Korbmann, zum „Super-GAU hoch drei“ erkärt – als wäre ein „GAU“, also ein „größter anzunehmender Unfall“ nicht schon genug und noch beliebig steigerungsfähig.
Dabei hatte ein Forscher der Universität Hamburg, der Festkörperphysiker Roland Wiesendanger, nur etwas getan, was Wissenschafter viel öfter tun sollten: Er hat interdisziplinär gearbeitet und akribisch zusammengetragen, was es an weiterhin widersprüchlichen Erkenntnissen zur Herkunft des Covid-19-Virus gibt. Als Summe seiner Erkenntnisse hat er die Hypothese präsentiert, das Virus stamme nicht aus der Natur, sondern sei ein gentechnisches Laborprodukt.
Politisch hochbrisant
Das war freilich politisch hochbrisant – auch wenn es den meisten Menschen egal sein dürfte, ob sie von einem Virus angesteckt werden, das von Fledermäusen übertragen wird, oder von einem aus einem chinesischen Forschungslabor. Jedenfalls hat die Pressestelle der Universität Hamburg Wiesendanger, so wie das die meisten Hochschulpressestellen tun, Handlangerdienste bei der Verbreitung seiner Erkenntnisse geleistet, ohne seine Ergebnisse bewerten zu können – und sie hat ihn dabei vermutlich, so ist in der Rückschau festzustellen, nicht gut beraten. Wer das Alltagsgeschäft in der universitären Forschungskommunikation kennt, wird hier eher grauen Alltag als eine Katastrophe feststellen – und den Aufschrei der Entrüstung nicht verstehen, der die Universität Hamburg ereilt hat.
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