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Das Echo bei der Regierung

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Wie gesagt, es war kein Blitz aus heiterem Himmel. Seit einiger Zeit herrscht in der deutschen Öffentlichkeit über die Bundeswehr Unbehagen. Vorgänge bei einer Fall- schirmj ägerausbildungskompanie in Nagold und anderswo, die inzwischen für die Bundeswehr recht beschämende gerichtliche Nachspiele hatten, zeigten, daß zumindest an einigen Stellen der alte preußische Kommißgeist „fröhliche Urständ’” feiert. Heyes Ausführungen legten den Verdacht nahe, die Behauptungen des Bundesverteidigungsministeriums, es habe sich bei diesen Vorgängen um belanglose, wenn auch bedauerliche Einzelfälle gehandelt, sei nur eine wider besseres Wissen gegebene Beruhigungspille gewesen. Würde man in Deutschland Konsequenzen ziehen, so wäre die Stellung des Bundesverteidigungsministers schwierig. Denn er ist die Stelle, die für die Einhaltung der Grundsätze der inneren Führung verantwortlich ist. Das erklärt die teilweise überscharten Reaktionen, auch, wenn man sich in Westdeutschland längst abgewöhnt hat, daß ein Minister Konsequenzen aus seinem Handeln oder Unterlassen zieht.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU, Rasner, erklärte Heyes Ausführungen rundheraus als eine gefährliche Schädigung des deutschen Ansehens. Bundesverteidigungsminister von Hassel wies empört alle Vorwürfe zurück. In einer zweistündigen Unterredung konnten er und Heye sich am 20. Juni nicht einigen. Heye erklärte sich allerdings bereit, einige seiner überscharfen Formulierungen zurückzunehmen. In der Bundestagssitzung kritisierte Bundeskanzler Erhard Heyes Vorgehen, sagte ihm aber gewissenhafte Prüfung seiner Vorwürfe zu. Bundestagspräsident Gerstenmaier stellte sich vor ihn.

Achtungserfolg für Heye

Der Verteidigungsausschuß des Bundestages wird sich in den kommenden Wochen eingehend mit Heyes Berichten zu befassen haben. Er wird dabei das Mißtrauen ausräumen müssen, bisher so wenig Interesse für seinen Wehrbeauffragten gezeigt zu haben, daß dieser sich schließlich gezwungen sah, sich in einer Illustrierten Gehör zu verschaffen. Dieses Mißtrauen ist insofern nicht unberechtigt, als Heyes letztjähriger Bericht zwar schärf- stens kritisiert wurde, aber offensichtlich zu keinen Konsequenzen geführt hat.

Heyes diesjähriger Bericht scheint alle Chancen zu haben, von den zuständigen Stellen beachtet zu werden. Das darf als ein gewisser Achtungserfolg für Heye gewertet werden. Die ersten Erklärungen des Bundesverteidigungsministers und verschiedener Politiker aus den Reihen der CDU/CSU zielten offensichtlich auf eine Verabschiedung des unbequemen Mahners. Daß es dazu nicht oder jedenfalls nicht im ersten Anlauf gekommen ist, geht nicht auf die Haltung der Parteien zurück, von denen die FDP sich auf die Seite der Bundeswehr stellte und die SPD lediglich die Gelegenheit dazu benutzte, um Altbundeskanzler Adenauer und den ehemaligen Bundesverteidigungsminister Strauß für die Mißstände verantwortlich zu machen. Das dürfte die Folge der öffentlichen Meinung sein, die sehr empfindlich reagierte und die auch die CDU/CSU ein Jahr vor der Wahl nicht allzu sehr verärgern wollte.

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