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Es begann in der Sauna.

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i Der Kamg| Finnkr^m Je EFTAtytte im, gleichen Moment begonnen, als in Stockholm 4ie ersten ^Kontakte zwischen Großbritannien, Schweden, Norwegen, Dänemark, ÖsterreichT Portugal und der Schweiz aufgenommen wurden. Die nordksjfchen Staaten hatten auf ihre kleine Freihandelszone, den „Nordischen Markt“, zugunsten der EFTA verzichtet — Finnland geriet auf Grund der starken handelspolitischen Verflechtung mit den Oststaaten in eine Abseitsposition. Die ersten schüchternen Versuche Helsinkis zur Mitarbeit am Zustandekommen der Siebenergemeinschaft wurden in Moskau übel vermerkt. Das Gespenst des finnisch-sowjetischen Handelskonfliktes 1958 — als der gesamte Ostblock nach einer Verstimmung Moskaus über die innenpolitische Entwicklung in Finnland die Handelsbeziehungen unterbrach — tauchte aus der Kulisse auf. Es bedurfte langwieriger und vorsichtiger Sondierungen, um wenigstens eine Beobachterdelegation bei den fortgesetzten Arbeiten am EFTA-Gebäude zu ermöglichen. Im November 1959 wagte Helsinki schließlich das Bekenntnis: Finnland ist offiziell auf EFTA-Kurs festgelegt. Der Reichstag beschloß, daß man Richtlinien und Einzelheiten zu einem Sondervertrag ausarbeiten sollte, der einen indirekten Anschluß Finnlands an die EFTA ermöglichen sollte. Der Rahmen müßte jedoch so gefaßt werden, daß die umfangreichen Osthandelsbeziehungen des Landes nicht gefährdet werden. Vor allem die Expansion des Sowjethandels müßte garantiert werden, da Finnlands Außenhandel nahezu genau jeweils ein Drittel des Export-Import mit den drei Blöcken EFTA, EWG und Oststaaten abwickele.

Zum Ausgang der Frühjahrssession bemühte sich Ministerpräsident Sukselainen um eine Verbreiterung der Regierungsbasis. Das Minoritätskabinett der Agrarierpartei sollte von einer stabilen Koalition abgelöst werden, die als erste Aufgabe den geplanten indirekten Anschluß Finnlands an die Freihandelsgemeinschaft lösen sollte. Die Wogen der politischen Leidenschaft gingen hoch, als zwei Versuche zur Regierungsbildung strandeten. Als das Parlament schließlich in die Sommerpause ging, verabschiedete sich der Regierungschef mit dem brüsken Satz: „An einen direkten oder indirekten Beitritt Finnlands in die Siebenergerrieinschaft ist in absehbarer Zeit nicht zu denken.“

Dies war die Situation als am 3. September auf dem Bahnhof zu Helsinki der farbige Sonderzug eintraf, aus dem Nikita Chruschtschow freudestrahlend und mit jovialen Gesten nach links und rechts ausstieg. Die Reise zum 60. Geburtstag des finnischen ^Staatspräsidenten Urho Kekkonen galt als „inoffiziell“. Jr feierte schließlich ; den Geburtstag Kek-konens so intensiv,“ 3*äß man sich verwundert in Helsinki fragte, wer eigentlich den Jubeltag beging, Chruschtschow oder Kekkonen. In den ersten fünf Reden des Gastes aus Moskau fand sich dann auch der Satz: „Die negative Einstellung der Sowjetunion zu den separaten wirtschaftlichen Zusammenschlüssen der Westmächte, die immer deutlicher außenpolitischen Charakter zeigen, ist unverändert.“ Es folgte ein privater Luilch, an dem außer Kekkonen nebst Gattin und Chruschtschow Ministerpräsident Sukselainen, der „Kronprinz“, Handelsminister Karjalainen und Außenminister Törngren neben den Botschaftern der beiden Länder teilnahmen. In dem veröffentlichten Kommunique1 deutet sich bereits eine „weichere““ Haltung der Sowjetunion gegenüber Finnlands EFTA-Plänen an. Die schließliche Wendung kam jedoch erst am letzten Tag während eines langen nächtlichen „Bastu-Gespräches“ (Bastu —Sauna), das Kekkonen, getreu finnischer Tradition, mit seinem Gast auf seinem Sommersitz veranstaltete. Gast und Gastgeber gingen erst am frühen Morgen, um fünf Uhr, auseinander. Und noch während die Korrespondenten der Weltpresse Stunde um Stunde auf das Abschlußkommunique warteten, drang die Botschaft aus der Umgebung des Präsidenten durch: Chruschtschow hat sich durch Kekkonens Argumentation überzeugen lassen, einem bedingten Anschluß Finnlands an die EFTA steht nichts mehr im Wege.

Die schließliche — wenn auch denkbar vorsichtig formulierte — Bestätigung fand sich im Abschlußkommunique; in zwei Mammutsätzen heißt es: „Die, Sowjetunion konstatiert mit Befriedigung, daß Finnland nicht auf die Meistbegünstigungsklausel im Handel mit der UdSSR verzichten will, und versteht das Streben Finnlands, am westlichen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, sie (die UdSSR) ist daher bereit, Verhandlungen einzuleiten, die dem Zweck dienen sollen, festzustellen, was getan werden kann, um die Handelsbeziehungen zwischen Finnland und der Sowjetunion zu stärken und auszubauen, falls Finnland wünscht, ein separates wirtschaftliches Abkommen mit der EFTA zu treffen. Die Verhandlungen werden in Moskau in der zweiten Oktoberhälfte aufgenommen werden.“

Aus dem Handelsministerium in Helsinki war die optimistische Meinung zu hören, daß man definitiv mit einem Anschluß Finnlands an die EFTA zum Jahreswechsel rechnen könnte.

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