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EWG-Schatten über den Beziehungen?
Ob eine eingehendere Kontakt- nahme mit den schweizerischen „Meinungsmachern” aus Gründen der Zei’~H t unterblieb oder ob dafür handgreifliche politische Überlegungen maßgebend waren, muß dahingestellt bleiben. Immerhin ist es leicht denkbar, daß man sowohl in Wiener wie in Berner Regierungskreisen eine österreichisch- schweizerische Diskussion coram publico über die separaten österreichischen Bemühungen, mit der EWG zu einem Arrangement zu kommen, und über die Rückwirkungen einer solchen Politik auf die Schweiz und die übrigen EFTA-Partner aus Opportunitätsgründen nicht für angezeigt hielt. In Bern, und insbesondere im Außenministerium, neigt man ohnehin in allen politischen Fragen, solange sie in der Schwebe sind, zu einer ausgesprochenen Kabinettspolitik. Seit Jahr und Tag führt die Schweizer Presse heftige Klage darüber, daß sie und mit ihr die schweizerische Öffentlichkeit ihr Wissen über aktuelle Fragen der eidgenössischen Außenbeziehungen aus ausländischen Quellen schöpfen muß. Eine andere Frage ist, ob dem Nachbarland Österreich und dem Verständnis für die besondere Lage und die besonderen Bedürfnisse seiner Integrations- und Handelspolitik gedient sei, wenn die sich in diesem Zusammenhang stellenden schweizerisch-österreichischen Probleme unter Ausschluß der schweizerischen Öffentlichkeit hinter wohlverschlossenen Türen behandelt werden. In dieser Atmosphäre könnte in der schweizerischen Öffentlichkeit ein gewisses Unbehagen über den österreichischen Alleingang wohl eher Nahrung erhalten als durch eine offene Darlegung der Gründe Wiens für sein Vorgehen.
Ein Sonderzug nach Brüssel
Man hat natürlich in der Schweiz auch in jenen Kreisen, welche um die besonderen Schwierigkeiten und Sorgen der österreichischen Wirtschaft zwischen EWG und EFTA Bescheid wissen und der Suche Wiens nach einem Ausweg volles Verständnis entgegenbringen, die Londoner Solidaritätserklärung der EFTA-Mitglieder von 1961 nicht vergessen. Damals — das heißt zu dem Zeitpunkt, als im EFTA-Minister- rat die Aufnahme von Verhandlungen über eine Assoziierung mit dem Gemeinsamen Markt zur Debatte stand — wurde einstimmig eine gemeinsame Erklärung beschlossen, in welcher ausgeführt wurde, daß die EFTA-Mitglieder während der Dauer von Verhandlungen mit der EWG ihre Geschlossenheit aufrechterhalten werden, bis es allen Mitgliedern möglich sein werde, sich vom selben Zeitpunkt an an der europäischen Integration zu beteiligen. Die Erklärung bekräftigte feierlich die Verpflichtung jedes EFTA- Staates, daß sich keiner von ihnen je der EWG als Mitglied oder Assoziierter anschließen werde, bevor für alle anderen Partner eine befriedigende Lösung mit der EWG gefunden sein werde. An dieses gegenseitige Solidaritätsversprechen haben sich alle sieben EFTA-Partner einträchtig gehalten, bis Wien auf den Gedanken kam, seine besonderen Schwierigkeiten durch einen Sonderzug nach Brüssel zu lösen.
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