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Problemgebiet Steiermark

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Bittere Klage wurde im Auf-sichtsrat der Alpine Montangesell-schaft am 25. Juli über die noch immer ungelöste Kohlenfrage geführt. Bei der Behandlung der Bilanz des Jahres 1966 wurde festgestellt, daß der Betriebsabgang des Fohhsdorfer Bergbaues die Alpine mit 80 Millionen Schilling belaste. In einem Bericht über die Jahresbilanz wird dazu erklärt, daß derartige Beitriebsverluste auch . unter normalen Konkurrenzverhältnissen und in guter Konjunkturlage dem Hüttenwerk nicht zugemutet werden könnten. Die Exportpreise liegen aber vielfach auf dem niedrigsten Niveau seit den letzten fünf Jahren und zeigen in dieser Zeit Rückgänge von 14 bis 23 Dollar je Tonne. Dazu kommt, daß auch die Inlandspreise durch die Gewährung von Rabatten und Bonifikationen zur Bekämpfung der Importkonkurrenz eine sinkende Tendenz haben. Fazit: Die Entwicklung in den ersten fünf Monaten des Jahres 1967 zeigt, daß die Betriebsgewinne der Hüttenbetriebe samt der Organgesell-schaftsverrechnunig mit den Tochtergesellschaften (Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbaugesellschaft, Steirische Gußstahlwerke AG. und Kärnitnerische Eisen- und Stähl-werks-AG.) nicht mehr ausreichen, den Betriebsabgang in Fohnsdorf zu decken.

Mut zur Wahrheit

Allein dieses Beispiel zeigt die Schwierigkeiten, in denen sich das obersteirische Industrie- und Bergbaugebiet befindet. Die schwelende Kohlenkrise ist nach wie vor ungelöst: Der seit Jahren geforderte und prophezeite gesamtösterreichi-sehe Energieplan ist noch immer nicht fertig, durch den Einsatz neuer Energieträger wurde die Kohle in den Hintergrund gedrängt, Betriebseinschränkungen und Grubenschließungen sind die Folge dieser Entwicklung, die , nicht auf Österreich beschränkt ist, hier aber besondere Umstellunigsschwierigkeiten zeitigt.

Schon als es offensichtlich war, daß eine Drosselung der Förderung unvermeidlich sein würde, fand man, die Gewerkschaften eingeschlossen, nicht den Mut, den Bergarbeitern die Wahrheit zu sagen. Immer wieder wurde ihnen versichert, daß ihnen die Arbeitsplätze im Bergbau erhalten blieben. Erst als sich zeigte, daß die wirtschaftlichen Notwendigkeiten Betriebseinschränkungen gebieterisch forderten, wagten sich die Verantwortlichen zögernd an dieses heiße Eisen. Und plötzlich wurde in Wien ziemlich offen vom „Zusperren“ geredet — ohne daß die Voraussetzungen für einen solchen Schritt, nämlich genügend Ersatzarbeitsplätze, geschaffen worden wären. Die steirischen Landespolitiker mit Landeshauptmann Krainer an der Spitze mußten in Wien manchen harten Strauß ausfechten, um eine schrittweise Drosselung der Produktion durchzusetzen. Krainer vertritt auch den Standpunkt, daß es unverantwortlich sei, sich der eigenen Energiequellen völlig zu entblößen. Krisensitoationen, wie der Krieg im Nahen Osten mit den Gefahren eines Erdölboykotts, geben jenen Stimmen recht, die davor warnen, ausschließlich von ausländischen Energieträgern abhängig zu werden.

Die Krise im Kohlenbergbau hat zum Beispiel dazu geführt, daß allein in den Monaten Oktober, November und Dezember des vergangenen Jahres die Kohlenförderung in den steirischen Gruben um 11 Prozent zurückgegangen ist. Allein in diesen drei Monaten sank der Beschäftigtenstand in den steirischen Gruben um 373. Notwendige Aufnähmesperren, bedingt durch die Drosselung der Förderung, bringen mit der Zeit eine Verringerung der Belegschaftsstände und eine Überalterung der Betriebe. Die Bemühungen des Landes um die Ansiedelung von Ersatzbetrieben in den Kohlenrevieren waren bisher nicht besonders erfolgreich, obwohl die Startbedingungen möglichst attraktiv gestaltet werden — so attraktiv, daß angestammte Firmen der Versuchung nicht widerstehen können, diese finanziellen Privilegien auszunützen. So werden sich zum Beispiel die Grazer Juniorwerke im weststeirischen Köflach niederlassen, was wiederum die Grazer Stadtgemeinde verbittert, dehn, so argumentiert der sozialistische Bürgermeister Diplomingenieur Scherbaum, das sei schließlich nicht der Sinn der Strukturverbesserung, bestehende Betriebe „abzuwerben“.

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