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Siedlungsamt für den kirchlichen Bereich

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Die österreichische Bischofskonferenz hat die Errichtung eines eigenen Siedlungsamtes für den kirchlichen Bereich beschlossen. Aufgabe dieses Dienstes wird es sein, alle kirchlichen Siedlungsbestrebungen zu einer planvollen Zusammenarbeit zu vereinigen, die notwendigen gründ- und bodenmäßigen, technischen und finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, die Siedlungsträger und Siedlerinteressenten zu beraten und so den zweckmäßigsten Einsatz und schnellsten und größten Erfolg zu erreichen.

Damit soll die von der österreichischen Bischofskonferenz im März 1947 ins Leben gerufene Siedlungsaktion ihre organisatorische Grundlage finden. Nach dem damaligen Aufruf der Bischofskonferenz sind eine Reihe von Siedlungsträgem ins Leben gerufen worden, die zusammenzufassen und in eine enge Arbeitsgemeinschaft zu bringen gleichfalls Aufgabe des neuen Siedlungsdienstes sein wird. Mit diesem Beschluß der österreichischen Bischofskonferenz ist auch ein praktischer Schritt zur Verwirklichung der vom gesamtösterreichischen Katholikentag 1952 ausgegebenen Parole: Schaffung von Wohnraum, getan worden.

Die Verwirklichung dieser Losung setzt vorerst eipe gründliche Prüfung der Richtung des einzuschlagenden Weges voraus. Diese Richtung muß heißen: Erhaltung der Familie und Schaffung von persönlichem Eigentum! Es entspricht daher diesen Grundsätzen, wenn bei der kommenden Wohnbau- und Siedlungstätigkeit das- Hauptgewicht auf die Bildung von persönlichem Eigentum, auf den Bau von Eigenheimen und Wohnungseigentum, gelegt wird, die die Entfaltung der Familie in jeder Richtung ermöglichen. Es wird aber daneben auch weiterhin notwendig bleiben, dort, wo die Voraussetzung zur Bildung von persönlichem Eigentum nicht möglich ist, im öffentlich geförderten Wohnungsbau gesunde und und auf die Lebensinteressen der Familie bedachte Wohnungen zu errichten.

Der Beschluß der österreichischen Bischofskonferenz folgt somit auch verständnisvoll der Botschaft des Hl. Vaters an den Österreichischen Katholikentag 1952:

.Wie anderswo ist auch in eurem Lande eine großzügige Wohnbaubewegung am Werk. Macht,. so viel ihr könnt, geltend, daß deren Planen und Schaffen dem Willen Gottes für Ehe und Familie entsprechen!"

Zur letzten Verwirklichung dieses Vorhabens ist freilich auch eine Reform des gesetzlichen Chaos in der österreichischen Wohnungswirtschaft unerläßlich. Ein sozial fortschrittliches Wohnbauförderungsgesetz muß die Voraussetzung für eine planvolle Wohnungswirtschaft schaffen. Die Zusammenlegung des bisher auf acht Bundesministerien und neun Landesregierungen aufgegliederten Behördenapparats muß zu einer modernen, einheitlichen und dabei doch auf die Vielfalt der Interessen Bedacht nehmenden Verwaltungseinheit auf dem Gebiete der Wohnungswirtschaft gebracht Werden.

Die künftige Wohnungswirtschaft muß von der eigentumbildenden Funjktion her ihr bestimmendes Gepräge erhalten — ein Grundsatz, den der bekannte katholische Sozialpolitiker Prof. Nellj-Breuning mit den Worten andeutet:

.Welche Funktion das Eigentum in der Rechts- und Sozialordnung unserer Zeit ausübt, hängt von der Gestalt, die wir dem Eigentum geben. Wir haben zu entscheiden, ob es die Funktion einer tragenden Säule unserer Sozialordnung ,oder die Funktion eines Sprengkörpers ausüben soll."

Besonderer Wert muß dabei darauf gelegt werden, daß gerade den minderbemittelten Bevölkerungsschichten der Erwerb von persönlichem Eigentum ermöglicht und so der weitaus größte Teil der Bevölkerung vor Eigentumslosigkeit bewahrt wird.

In diesem Zusammenhang sei-auf eine Äußerung des Bundesministers für soziale Verwaltung aus jüngster Zeit hingewiesen, nach der Darlehensgewährungen durch den Bundeswohn- und Siedlungsfonds, die nach dem bisherigen Statut nur Gemeinden und gemein- nützigen Vereinigungen zugute kommen konnten, audi auf private Eigenheimbauten erstreckt werden müßten.

Die von der österreichischen Bischofskonferenz eingeleiteten Maßnahmen auf dem Gebiete der Wohnraumbeschaffung und Siedlungsbewegung sind zu begrüßen. Sie werden ihre zeitgeschichtliche Aufgabe aber erst dann erfüllen, wenn hinter diesem Programm starke und verantwortungsbewußte Persönlichkeiten stehen, die den zähen Willen haben, gegen die Teilnahmslosigkeit oder den Widerstand der Gesättigten und Trägen die große Gegenwartsaufgabe: Erhaltung der gesunden, natürlichen Familie und Bildung von persönlichem Eigentum zu erfüllen und damit eine neue Epoche der österreichischen katholischen Sozialpolitik einzuleiten.

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