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Vorschläge als Paket sehen!
Die ÖVP widmet in ihrem Grundsatzprogramm („Salzburger Programm“) aus 1971 ein ganzes Kapitel unter der Überschrift „Eigentum Tür alle“ der breiten Eigentumsstreuung und -bildung, weil damit „eine Verbesserung der Eigentumsstruktur durch neue Formen des Sparens und der Vermögensbildung, insbesondere in Arbeitnehmerhand“, ermöglicht, und „das Problem der Einkommensverteilung entschärft" werden kann, weil Eigentum insbesondere „eine Garantie der persönlichen Freiheit ist“.
Ausdrücklich festgehalten wird, daß „Privateigentum an den Produktions
mitteln Voraussetzung unternehmerischer Initiative und schöpferischer Neuerungen ist“ - bei sozialer Bindung mit wachsender Größe und Konzentration.
Und so schreibt auch der Nestor der Christlichen Soziallehre, Prof. Johannes Messner, daß „unter den Persön- lichkeits- und Sozialwerten dem Privateigentum eine besondere Stellung zukommt. Das Privateigentum gründet sich auf die Prinzipien des Gemeinwohls und der Eigenverantwortung des Menschen. Das Gemeinwohl erfordert die umsichtige, ertragreiche Ausnützung der Erdengüter im Dienste aller“.
Das sei am besten gewährleistet durch die Verbindung „der Eigenverantwortung der einzelnen Gesellschaftsmitglieder ... und deren Eigeninteresse“ - das bedeutet nichts anderes als die Gewinn-Verpflichtung (!), wie sie erst kürzlich auch Kardinal König postulierte: als Sozial-Aufgabe des unternehmerischen Wirkens. „Wo die Privatinitiative der einzelnen fehlt, herrscht politisch die Tyrannei“ (Papst Johannes XXIII., Sozialenzyklika Nr. 57).
1977 wurden anläßlich einer Tagung des Kummer-Institutes die Möglichkeiten der breiten Eigentumsbildung, gerade auch an Produktionsmitteln, also an bzw. in Unternehmungen, aus theologischer, unternehmerischer und aus der Sicht der Arbeitnehmer erarbeitet, wobei die Unternehmerseite darin „eine sinnvolle Ergänzung bzw. eine Weiterentwicklung einer funktionellen Mitbestimmung“ sah, die Arbeitnehmer wieder die marxistisch-sozialistischen Pläne um einen zentralistischen Vermögensbildungs-Fonds - also noch mehr Macht-Konzentration in Funktionärshand statt beim einzelnen Menschen - ablehnten.
Nur vor diesem Hintergrund der grundsätzlichen Überlegungen sind die pragmatischen und legistischen Vorschläge der ÖVP in ihrer Gesamtheit (als Paket!) zu sehen und auch zu verstehen:
• Es waren ÖVP-Finanzminister und -regierungen, die während der letzten Jahrzehnte wieder Vertrauen ins „Sparen“ aufbauten und eine breite Palette von geförderten Sparformen schufen: Bausparen, Versicherungs-, Prämien-, Wertpapiersparen - es führte zu breit gestreutem persönlichem „Gebrauchs-Eigentum“, wobei im Mittelpunkt sicherlich das „Wohnungseigentums-Gesetz“ zu erwähnen ist, mit dem Hunderttausende Eigentum an Wohnen schaffen konnten (Neubau).
Nun hat die ÖVP vor einem Jahr im Parlament das 1. Eigentumsbildungs- Gesetz (Wohnen) eingebracht: Damit soll auch an bestehenden Mietwohnungen Eigentum erworben werden können (von Gemeinden, gemeinnützigen Gesellschaften - durch Anreizsysteme an privaten Mietwohnungen).
• Mit wachsendem Lebensstandard, der gesellschaftlichen Entwicklung entsprechend, ist der nächste Schritt der Eigentumsbildung vorzusehen: im Unternehmungsbereich durch die Beteiligungsmöglichkeit, natürlich wie bei allen ÖVP-Vorschlägen auf freiwilliger Basis durch Anreiz- und nicht durch (sozialistische) Zwangssysteme.
Diesen Bestrebungen stehen heute eine ganze Reihe von steuerrechtlichen, handels- und sozialrechtlichen Barrieren entgegen - sie auszuräumen, die „Chancengleichheit“ herzustellen gegenüber allen anderen Sparformen ist
Anliegen und Ziel der umfassenden Initiativen der ÖVP:
Das „Jungunternehmer-Förderungsgesetz“ soll ähnlich dem Bausparsystem auch ein „Betriebsgründungssystem“ aufbauen helfen: etwa 2000 selbständige Existenzen pro Jahr bedeuten auch an die lO.OOGneue Arbeitsplätze.
Das „Bundesmittelstands-Gesetz“ soll eine Stärkung und den Ausbau der bekanntlich besonders krisensicheren mittelbetrieblichen Unternehmen und freien Berufe gewährleisten.
Das „2. Eigentumsbildungsgesetz“ soll den Erwerb von Beteiligungen am Produktivvermögen fördern. Die Verwirklichung einer breiten Eigentumsstreuung ist ein entscheidender Punkt für die Weiterentwicklung, ja vielleicht für das Weiterbestehen der sozialen, freien Marktwirtschaft.
Eigentumsbildung bedeutet für den einzelnen eine Steigerung seines Interesses am Wirtschaftsgeschehen, ganz besonders bei der Beteiligung am „eigenen“ Unternehmen i. S. der betrieblichen Partnerschaft vom „Arbeitnehmer zum Mitunternehmer“.
Wenn der Staat glaubhaft machen will, daß ihm die Eigentumsbildung in privater Hand ein ehrliches Anliegen ist, dann hat seine Politik die Eigentumsbildung durch folgende Schwerpunkte zu fördern:
Beseitigung steuerlicher Hemmnisse und Schaffung von Anreizen für die Unternehmungskapitalbildung; dazu kämen die notwendigen Änderungen im Gesellschafts- und Handelsrecht sowie im ASVG;
Schaffung organisatorischer Erleichterungen für den Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen unter besonderer Berücksichtigung der Interessen der Anleger (Anlegerschutz).
Das sind die wesentlichen Bestimmungen auch des 2. Eigentumsbildungsgesetzes der ÖVP; ihre Verwirklichung könnte den Ansatz zu einer „echten“ Steuerreform, den Ansatz zu einem - heute nicht bestehenden - Kapitalmarkt und die Umschichtung von Spar- in Beteiligungs-Kapital bedeuten: Nur
10% würden über 30 Milliarden S bringen, was 30.000 bis 60.000 Arbeitsplätze z. B. kosten.
Ich bin fest davon überzeugt, daß der Punkt der Realisierung sehr nahe ist - und damit hat die ÖVP ein umfassendes Konzept einer (immer mehr versagenden) sozialistischen Politik entgegengestellt.
Während der - übrigens anonyme Kommentator der Katholischen Sozial-Akademie offensichtlich nicht im Widerspruch zum (ihm nicht ganz geläufigen) ÖVP-Modell, sondern zur christlichen Soziallehre steht, erscheint
Prof. Horst Knapp der Gesetzes-Entwurf immerhin eine „kapitale Idee“. Es wäre besonders erfreulich, wenn .sie alle an der Gestaltung mitwirken würden - der Diskussions- Vorschlag der
ÖVP liegt im Parlament. x
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