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Wehrmacht

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Wir haben bisher die Frage der zukünftigen österreichischen Wehrmacht bewußt nicht in den Kreis unserer Betraditungen gezogen, da diese Frage nicht nur zu den noch nicht spruchreifen schwierigsten sondern auch zu jenen Fragen gehört, die ihre Lösung vorwiegend im Schöße der Alliierten finden werden, man daher deren Entschlüssen in nichts vorgreifen soll. Wenn wir nun der Angelegenheit einige Betrachtungen widmen, so geschieht dies deshalb, weil hiezu Äußerungen maßgebendster Stellen vorliegen und sich nicht unerwünschte Auffassungen verbreiten sollen.

Wie 'o vieles in Österreich, stellt sich auch das Wehrproblem ganz eigenartig dar, weil es nach einem schon achtjährigen vollkommenen Vakuum auf dem Gebiete staatlicher Rüstung nicht so einfach ist, zu neuen Formen zu gelangen, denn eine Armee kann nicht, wie eine niedergebrannte Fabrik, von heute auf morgen aufgebaut werden. Daß eine neue österreichische Armee wird entstehen müssen, darüber haben noch nirgends irgendwelche Zweifei bestanden, denn alle bisherigen internationalen Vereinbarungen über die Wiederherstellung eines souveränen, freien und selbständigen Österreichs hätten keinen Sinn, würde Österreich von allen Staaten der Erde allein ohne eine eigene staatliche Armee bleiben. Das Moskauer und das Teheraner Abkommen wurden wiederholt durch Äußerungen von Vertretern aller alliierten Großmächte einhellig bekräftigt, und diese Linie fand neuerlich in der britischen Thronrede vom 6. November 1946 mit dem Satze: „Ich begrüße den Fortschritt, der im Hinblick auf die Wiederherstellung der Freiheit und Unabhängigkeit Österreichs erzielt worden ist. . .“ ihre Fortsetzung.

Auch die zukünftige Zugehörigkeit Österreichs zu den UN wird eine zweckentsprechende Rüstung Österreichs erfordern. Die eben noch in Verhandlung stehenden Friedensverträge mit Italien, Rumänien, Ungarn, Bulgarien und Finnland lassen in der Fassung ihrer militärischen Bestimmungen ungefähr erahnen, wie sich die kommende österreichische Rüstung wird gestalten können.

Schon auf der ersten Pariser Konferenz der Großen Vier legten die USA einen Vertragsentwurf für Österreich vor, dessen

9. Punkt die Rüstung behandelte und lautete: „9. Die ösuiT-Müschen bewaffneten Streitkräfte sind zu beschränken: a) auf die Erfordernisse zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung; b) zur Verteidigung der Grenzen und c) auf jene militärischen Kontingente, die der Sicherheitsrat eventuell von Österreich zu stellen fordert.“ Es ist kaum anzunehmen, daß sich die Grundlagen kommender alliierter Verhandlungen auf diesem Gebiete wesentlich ändern werden.

Vom 4. November 1946 liegen Äußerungen des französischen Hochkommissärs für Österreich, General Bethouart, vor, die dahin lauten, daß Österreich ein von jeder Hegemonie freies und unabhängiges Staatswesen sein müsse und daß die Alliierten die Beendigung der militärischen Besetzung erstreben. Dies sei aber — sagte GöncrcJ Bethouart — nur auf dem Wege eines n xien Vierer-abkommens möglich.

In Österreich selbst nahm Bundespräsident Dr. Renner wiederholt zur Frage der neuen Armee Stellung, und das österreichische Staatsoberhaupt bekannte sich zu einer ähnlichen Lösung, wie sie der Staatsvertrag von Saint Germain im Jahre 1919 getroffen hatte. Am 6. November 1946 sagte der Bundespräsident diesbezüglich: „Wenn man uns nicht das Recht geben kann, diese Verteidigungsmacht aufzustellen, wird man uns wie ich glaube, um so weniger die Sorge überlassen, eine solche vorzubereiten.“

Augenblicklich gilt das Kontrollabkommen vom 2 8. Juni 194 6, und dieses Kontrollabkommen steht noch vollkommen im Zeichen der „E n t m i 1 i-tarisierung“ und „Entwaffnung“ und spricht hinsichtlich der internatiofiailen

Besetzung lediglich von einer Reduzierung der alliierten Besatzungstruppen im Wege eines neuen Viermächteabkommens. Die Entmilitarisierung und Entwaffnung bezieht sich auf die Beseitigung der letzten Reste der ehemaligen deutschen Wehrmacht.

So stellt sich also derzeit die Frage der österreichischen Rüstung dar, und wir beschränken uns auf diese kurzen Feststellungen. Wenn diese Angelegenheit einmal aus dem Hoheitsgebiet der Alliierten heraustreten und österreichischen Beschlußfassungen unterliegen werden, dann werden sie zweifellos ein Prüfstein für die politische Reife des österreichischen Volkes und seiner politischen Parteien sein, denn es wird mit größter Vorsicht vermieden werden müssen, wehrpolitische Fehler zu begehen, wie sie in der ersten Republik geschehen sind.

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