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Wir in Sudafrika sitzen auf einem Vulkan

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Trotzdem hat die Regierung der Union ihre gefährlichen Geleise nicht verlassen.

Von der ersten Stunde an, da die Niederlage der Unionspartei in den Maiwahlen 1948 der „Nationalen Afrikanischen Partei“ Malans die Tore zur Regierungsmacht öffnete, setzte ein Umsturz, Sn kultureller, politischer und sozialer Richtung ein. Die rad'kale Änderung wäre nicht verständlich ohne die eigenartige Führerpersönlichkeit, die sie lenkt. Der heute 76jährige Dr. Daniel Franz Malan stammt aus kalvinischer Familie„ er.studierte in Utrecht Theologie und verwaltete nach seiner Heimkehr aus,. Holland ein Pfarramt der kalvinischen Kirche Südafrikas. Durch den Natio-nalistenführer Hertzog wurde der junge Mann bewogen, den Talar abzulegen und in die Pojitik zu gehen. 1909 wurde er ins Parlament gewählt, blieb von da an auf, der parlamentarischen Tribüne und bekleidete 1924 das Amt des Innenministers,-193,4 brach er mit Hertzog, als dieser sich mit Smuts aussöhnte und mit diesem ge-, meinsam eine Politik des Ausgleichs der. Gegensätze verfolgte. Unter der Parole „Südafrika den Buren“ errang Malan dann den1 Sieg und warf vor drei Jahren die bis dahin fast allmächtige englandfreundliche Regierung. Sein unverhülltes staatliches Ziel ist, die Südafrikanische Union als unabhängigen Staat ,äus , dem -britischen Weltreich loszulösen und durch die Lösung des Rassenproblems die Hegemonie der weißen Minderheit dauernd zu sichern und koste es auch Kampf und schwere Opfer. Dr. Malan ist der Mann, sich zu einem so extremen Ziele den Weg zu bahnen. Den in der Politik Weiß-gewordenen beseelen leidenschaftliche politische1 Überzeugungen, an denen er wie an seinem Glaubensbekenntnis hängt; er gilt als eine tief religiöse Natur, der die Eigenart des Kalvinismus hugenottischer Prägung eignet: Kompromißlosigkeit und eine sich bis zur Härte, steigernde Strenge. \ i : . .

Malans Rassenpolitik hat nicht nur die großen intelligenten Negerstämme Südafrikas zu heftigem Widerspruch auf den Plan gfemfen — eine Anklage der Hereros beschäftigte schon einmal die Vereinten Nationen in Lake Success — auch die zahlreichen Juden der Südafrikanischen Union haben sich schon besorgt an dieses Forum gewendet.

An der Spitze der Judenfeindlichen Bewegung steht der ehemalige Londoner Huthändler Larrat Battersby, ein Bewunderer Hitlers, der sehr mißbräuchlich seine Anhängerschaft „Legion of Christian Reformers“ benennt.

Weittragender und auf größte Ziele gerichtet ist die Attacke, welche die Regie-1 rung Malan gegen die nach Tausenden zählenden Missionsschulen reitet, die bis in den afrikanischen Busch vorgeschobenen Bildungsstätten für 951 Prozent der Eingeborenenjugend. Der Angriff begann schon nach dem Wahlsieg der Partei mit einem Schulprogramm, das, obenhin christlich drapiert, einer chauvinistischen Erziehung im Sinne der machthabenden Parteipolitik zustrebte. Die • Regierung Smuts hatte die Missionsschulen • zur Einhaltung der staatlichen Lehrpläne verpflichtet und zugleich in der Erkenntnis, welche Bürde dieses blühende Schulwesen, von den Staatsämtern nahm, diesem staatliche Unterstützung ' gewährt. Die Besprechungen mit den obersten Schulbehörden, die von dem Missionsbischof Riegler, einem Österreicher, und Bischof Whelan mit der Regierung geführt wurden, verliefen ergebnislös. Die Bischöfe erklärten, mit den staatlichen Behörden an einer gesunden Heranbildung der eingeborenen Jugend zusammenarbeiten zu wollen, aber der eingeleiteten Schulpolitik nicht folgen zu können. Dem Argument der obersten Schulbehörde, daß die Lehrer die freie Staatsschule vorzögen, begegnete eine von 1154 Lehrern unterzeichnete Denkschrift, daß sie auch weiterhin die staatlich unterstützten Missionsschulen den rein staatlichen vorziehen würden und sie sich dem Staatsabsolutismus in der Schule im'Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten widersetzen würden.

Ein kostbares Bildungswerk gewaltigen Ausmaßes ist mit der jetzigen Schulpolitik der Regierung bedroht. Aber ist dies die letzte Gefahr? Die durch Stadt undSteppekriechendeGärung kündigt eine noch größere an: selbst Justizminister Smart sprach schon von der Sorge, daß unter der schwarzen Arbeiterschaft die kommunistische Propaganda jetzt zu ernten suchen werde. Zwar hat sich die Kommunistische Partei gegen den drohenden Zugriff der Regierung durch ihre Auflösung, durch ihren Rückzug in die Unterwelt zu decken gesucht. Aber sie ist da und wird sich melden, sobald sie für ihr Spiel alle Karten beisammen hat. Die Regierung tut alles, daß dem Kommunismus die Trümpfe nicht fehlen werden...

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