Zurückbleiben, bitte!

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Es gibt Jobs, die will sich keiner antun. Der ÖFB-Teamchef zählt da ebenso dazu wie der Obmann der Wiener ÖVP. Was nicht heißen soll, dass Didi Constantini gleich die bürgerliche Stadtpartei übernehmen könnte … Aber für beide Jobs gilt: Gesucht ist ein Wunderwuzzi, den es nicht gibt; wer zwar kein Wunderwuzzi aber wenigstens ansatzweise geeignet sein könnte, einen Weg aus der Misere zu finden, der - siehe oben - tut sich den Job nicht an. So war es bezeichnend, dass es bei Staatssekretär Sebastian Kurz, den Erhard Busek ins Spiel gebracht hatte, sofort hieß, er solle in Wien "nicht verheizt“ werden.

Wäre ja auch vielleicht wirklich keine gute Idee, Kurz, der gerade dabei ist in der Integrationspolitik Fuß zu fassen - und dabei, allen Unkenrufen zum Trotz, gute Figur macht - gleich wieder woandershin zu verpflanzen. Zumal er als Parteichef auch noch sehr jung wäre. Und - vor allem: zumal er vermutlich auch nichts ausrichten könnte. Denn notwendig ist für die Wiener VP nicht weniger als ein grundlegender Neustart. Wenn die Bundespartei mutig und ehrlich zu sich selbst wäre, dann müsste sie freilich erkennen, dass die Wiener Misere nur das programmatische und personelle Elend der Gesamtpartei zur Kenntlichkeit verzerrt. Positiv gewendet könnte die ÖVP die Wiener Krise daher als Chance sehen. Sie müsste die Landespartei, frei nach Hebbel, als jene "kleine Welt“ begreifen, "in der die große“ - die Bundespartei - "ihre Probe hält.“

Die Eroberung der Städte …

Völlig zu Recht wurde vor anderthalb Jahrzehnten unter Wolfgang Schüssel die Devise ausgegeben, es gelte, die Städte zu erobern. Mit Ausnahme von Graz - immerhin, die zweitgrößte Stadt - und den traditionell "schwarzen“ Landeshauptstädten im Westen ist das freilich Wunschdenken geblieben - und in Wien, der strategisch wichtigsten und größten Stadt des Landes, Utopie im Wortsinn: ortlose Hoffnung - mit zunehmender Entfernung vom Ziel.

Wenn die ÖVP also Wien nicht "in den Griff“ bekommt, wird sie auch im Bund nicht über den Status quo hinauskommen. Umgekehrt könnte ihr eine schonungslose Analyse mit entsprechenden Schlussfolgerungen für eine Neuaufstellung in der Bundeshauptstadt auch als Gesamtpartei ein gutes Stück weiterhelfen.

Neben Häupl im Schanigarten

Sicher ist, dass die VP in Wien nur dann eine Chance hat, wenn sie sich als klares Kontrastprogramm zur immerwährenden roten Stadtherrschaft - derzeit mit grünen Tupfern - präsentiert. Wer darauf schielt, bei der Schanigarten-Eröffnung neben Michael Häupl mit G’spritztem in der Hand ins Bild zu kommen, hat schon verloren. Auf dem - nicht zuletzt durch Inserate gekauften - Boulevard wird die ÖVP nicht punkten können.

Sie wird aber auch - und diese Einsicht ist vielleicht noch schwieriger - nicht in jenem Biotop reüssieren, das gemeinhin mit "urban“ beschrieben wird und die linksliberale hedonistische Kultur-Intelligenzija umfasst. Anders gesagt: All jene, die applaudieren, wenn sich die ÖVP einmal "modern“ geben will und andernfalls sofort von "Verengung“ und "Rechtsruck“ sprechen, wählen mit Sicherheit so oder so nicht die ÖVP.

Die intellektuelle und kulturelle Hegemonie ist für die Wiener ÖVP derzeit ebenso außer Reichweite wie die Lufthoheit über den Stammtischen (wer beides hat, wie früher einmal die steirische ÖVP, ist freilich unschlagbar). Also kann sie gleich das tun, was sie für richtig hält und sich um ihre - mutmaßliche - Zielgruppe kümmern, die mit "wertkonservativ“ und "leistungsorientiert“ wohl wenig originell aber zutreffend beschrieben sein dürfte.

Solange entlang solcher programmatischer Linien nicht weiter und vertiefend gearbeitet wird, kann für jeden potenziellen Wiener VP-Chef nur gelten, was die Wiener Linien so unnachahmlich formuliert haben: "Zurückbleiben, bitte!“

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