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Corona-Krise: Jetzt ist die moralische Integrität der Mächtigen gefragt

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Ethik in der Corona-Krise: Der Ausnahmezustand ändert sein Gesicht. Ab jetzt beginnt ein Findungsprozess, der gute Führung erfordert. Wer kann dem gerecht werden – und wie? Philosophische Überlegungen.

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Ethik in der Corona-Krise: Der Ausnahmezustand ändert sein Gesicht. Ab jetzt beginnt ein Findungsprozess, der gute Führung erfordert. Wer kann dem gerecht werden – und wie? Philosophische Überlegungen.

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Wir durchleben eine globale humanitäre Krise. Wir wissen noch nicht, wann wir sie meistern werden. Ebenso wenig sind ihre psychischen, ökonomischen oder sozialen Folgen absehbar. Der Ausnahmezustand ändert sein Gesicht, aber er dauert an. Wir stehen gemeinsam vor der Aufgabe, ihm eine Ethik der Krise abzuringen. Sie muss Handhabe bieten, notwendige schwierige Entscheidungen zu verantworten, und sollte dazu beitragen, unsere humanitäre Gesinnung zu stärken. Welche Art von ethischem Denken sollte uns dabei leiten? Der britische Philosoph Hugo Slim legte kürzlich überzeugende Erwägungen zu dieser Frage vor, die hier bedacht und ergänzt werden sollen.

Erstens zeigt sich, dass in Notfällen neben unsere Rechte auch humanitäre Pflichten treten. Und es zeigt sich, dass individuelle Rechte schmerzhaft kollidieren. Der ethisch schwierigste Aspekt der Covid19-Pandemie besteht darin, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Recht auf Leben und sozioökonomischen Rechten zu finden. Viele Menschen leiden nach wie vor unter den rigiden Maßnahmen oder ihren Folgen. Wir stehen gemeinsam in der Pflicht, diese Kosten als Preis für gerettete Leben zu akzeptieren. Wir müssen aber auch zu einem ethischen Urteil darüber kommen, wie viel Schaden dabei gerechtfertigt ist. Dazu gilt weiterhin, dass wir die schlimmsten Auswirkungen der Einschränkungen mildern müssen.

Das Schlüsselwort heißt Verantwortung

Dieser Findungsprozess erfordert gute Führung, der zweite Baustein einer Ethik der Krise. Das Richtige zur richtigen Zeit zu tun ist alles andere als einfach. Schwerwiegende Entscheidungen über Leben, Tod, Gesundheitssysteme und wirtschaftliche Verluste zu treffen war und ist keine Kleinigkeit. Dafür gebührt den verantwortlichen politischen Führungskräften und ihren Beraterstäben unser ungeteilter Respekt. Max Weber hat inmitten einer tragischen Krisenzeit in seiner berühmten Rede „Politik als Beruf“ Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß als Kerneigenschaften guter Führung hervor
gehoben. Dazu würden wir aus heutiger Perspektive moralische Integrität ergänzen. Denn Ausnahmezustände verlangen nach ethisch sicheren Führungskräften, die gut kommunizieren, eine klare moralische Vorstellung davon haben, was am besten ist, und auch bereit sind, ihre Politik bei Bedarf auch schnell zu ändern. Gute Krisenmanager zeigen, dass sie das Heft des Handelns in der Hand halten und zu Recht unser Vertrauen verdienen.

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