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Von der Urgewalt des Lebens
EINE BOSE ODER ZWEI. Liebesgeschichten der zeitgenössischen Weltliteratur. Heraus gegeben von J. A. Frank und W. A. O e r 1 e y. Neff-Verlag, Wien-Berlin-Stuttgart. 589 Selten. Preis 138 S.
EINE BOSE ODER ZWEI. Liebesgeschichten der zeitgenössischen Weltliteratur. Heraus gegeben von J. A. Frank und W. A. O e r 1 e y. Neff-Verlag, Wien-Berlin-Stuttgart. 589 Selten. Preis 138 S.
Dem unerschöpflichen Thema der Liebe sind in der erlesenen Auswahl durch Frank und Oerley in den rund 50 Erzählungen des Bandes verschiedene Aspekte abgewonnen. In allen Geschichten spiegelt sich das Wesen des Mannes im Bild des Weibes und umgekehrt, mit einer Kraft und Deutlichkeit, die uns manche Einschau in halb- oder ganzverlorene Geheimnisse nahe der Seinsmitte unserer Existenz vermittelt. Daß als Auswahlgesichtspunkte allein der literarische Rang oder die Absonderlichkeit der einzelnen Geschichte gelten, während jene peinliche Lüsternheit, die einem Großteil aller Publikationen unter dem Stichwort „Liebe“ ihren Stempel aufdrücken, selbstredend fehlt, ist erfreulich, ohne daß, ebenso selbst-
redend, ängstliche Prüderie ihr Haupt erhöbe.
Was dem Menschen unserer Großstadtzivilisation so leicht aus dem Erlebnisfeld gerät, die Urgewalt des Lebensstroms, dessen Teile wir sind, tritt uns in diesem Werk allgegenwärtig, unbezähmbar entgegen. Vom zartesten Empfindungshauch bis zur grausamsten Härte blitzen Facetten des Abenteuers Liebe auf, der göttlichen Naturmacht Liebe, die ihre Ziele, sei es im Einklang mit der Persönlichkeit und deren Bewußtsein, sei es im schärfsten, ja vernichtenden Gegensatz zu ihr, auf Wegen erreicht, die sich aller Berechnung entziehen.
Das ist, neben der Faszination durch schöne Einzelheiten, neben dem Reichtum an Kultur-, Familienlind Milieuschilderung und oft fremdem Kolorit, neben den bunten Charakteristika ferner Länder und Völker das vielleicht beste Erlebnis, das der Band vermittelt: die Konfrontation mit Kräften, die sich der Manipulation durch das penetrante Organisations- und Herrschaftsstreben der menschlichen Rasse beharrlich entzieht. Trotz allem, was die Massenmedien, nicht erst heute, an verdorbenen, verbogenen, verkitschten, verblödeten Verhaltensschemata pausenlos über die Menschheit regnen lassen, bleibt die innerste Spannung zwischen Mann und Weib, die zusammen erst ein Ganzes sind, eines jener Residuen, die kaum oder höchstens am Rande in Mitleidenschaft gezogen sind.
Wie die Natur ein Äußerstes aufbietet, die Gestaltungsfaktoren des Lebenserbes zu schützen, ist sie auch darum besorgt, die seelische Liebesfähigkeit unter allen denkbaren Umständen zu erhalten, ihr einen ganzen Kosmos verschiedenartigster Möglichkeiten zuzuweisen. Ob Kriege rasen, ob Kulturen von Hunger oder Dekadenz versehrt werden, ob Philosophien und Konventionen neu entstehen oder versinken: die Liebe zwischen Mann und Weib ist ein Quell, der nie verdorrt, ein Brunnen, der uns Mut und Frische aus Gottes eigener Hand schenkt; dies steht auf als Gesamterlebnis dieser noblen Anthologie, in der neben berühmten auch unbekannte Autorennamen zu finden sind.
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