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Zu Bettina Seipps „Römischem Tagebuch“

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Wer die Geschichte der unermeßlich vielen Rombücher zu schreiben unternähme, der Würde mit ihr zugleich die Geschichte der Romliebe schreiben, denn diese lestimmt zwar nicht den einzigen, aber einen der letzten Rangunterschiede aller dieser Werke. Das Buch, zu dem wir uns hier bekennen wollen, ist so schwer mit Romliebe befrachtet, daß kühler gestimmte Leser es als einen Fremdling in unserer nüchternen Zeil betrachten mögen. Wir sagen dies nicht als kritische Einschränkung, wird doch der eigentliche Wert eines Buches niemals von der Zahl seiner Leser bestimmt, sondern er ist unveräußerlich mit seinem eigenen Sein gegeben — auch für Bücher gilt zuletzt, daß jede Liebe in sich •elber selig ist. Immerhin, es handelt sich um eine Einschränkung- wer gewohnt ist, schnell und egoistisch zu lesen, kann diesem Buch niemals gerecht werden. Hier ist jeder Satz zu einer Inbrunst gesteigert, die ohne Absinken das ganze Werk durchströmt. Es gehört ein hoher Schwung der Seele oder eine tiefe Hingebung dazu, um diese Hochspannung bis zur letzten Seite durchzuhalten. Diese langen, oft mit einer überlast poetischer Vergleiche geschmückten Sätze fordern die Fähigkeit, immer wieder still bei den Einzelschönheiten verweilen zu können, um auszuruhen und gleichsam Atem zu schöpfen. Wie auf den Ornamenten alter Marmortrümmer die goldgrüne Patina der zärtlichen Moose, so überwuchert der üppige Teppich der liebeerfüllten Sprache jede Zeile der Betrachtung. Ja, die Autorin erfindet neue, oft sehr eindrucksvoll und immer sinnreich geprägte Worte, die wir uns freilich erst aneignen müssen, um die Bedeutung ihrer zunächst fremdartigen Leuchtkraft recht zu verstehen. Manchmal klingt die Stimme, der wir in diesem Buche lauschen, wie berauscht von der starken Würze 'ier Campagna-kräuter, oft ist sie wie trunken vom Duft der Lorbeer- und Rosengärten, durch die sie nicht müde wird, uns zu führen — oft strömt sie schwärmerisch über wie die schönen Brunnen der Ewigen Stadt, aus denen sich nach altem Romglauben der Fremde die unauslöschliche Sehnsucht trinkt, wiederzukehren.

Und doch ist es nicht so, daß der Rausch der Sprache, dieser zärtliche Überschwang einer persönlich liebenden Aussage den strengen Dienst am Objektiven dargestellter Wirklichkeit verschlänge. Schon die äußere Ausstattung des Buches, der sein Verlag die größte Sorgfalt gewidmet hat, bezeugt mit einer Reihe sehr glücklich ausgewählter BUder den konkreten Inhalt. Diesem Buch liegt überall lebendige Anschauung, aber auch ein großes Wissen zugrunde, wenn es sich auch nicht als Gelehrsamkeit gibt. Bewunderungswürdig kennt sich die Verfasserin im Stadtplan des antiken Rom aus, und während wir den entzückten Worten einer Hingerissenen zu lausdien meinen, wird 'inser Fuß von der kühlen Hand einer gleichsam im Dunklen Sehenden geführt, so daß wir unbeirrbar sicher durch die Straßen einer untergegangenen Zeit schreiten. — Ob wir im Kuppelraum St. Peters den Zeremonien der Karwoche folgen, ob wir zu der luftigen Höhe und unvergleichlichen Sicht eben jener einzigen Kuppel emporgestiegen sind oder ob unser Weg tief unter sie hinab in die Grotten führt zu den schweigenden Grüften der Geschichte, immer werden wir in diesem Buch auf das Wesentliche hingewiesen und ihm ehrfürchtig verbunden. Wir erleben die großen weltberühmten Kunstwerke, wir gelangen aber auch zu den verborgensten Schönheiten und zu den vergessensten Erinnerungen dieser unermeßlichen Stadt, wir durchschweifen vor den Toren ihre heroische Landschaft, als wären wir als ein Kind Roms geboren.

Aber diese objektiven Eindrücke vermitteln schließlich auch andere Rombücher. Das Besondere dieses Werkes ist und bleibt das Bezwingende seiner Romliebe. Wir fühlen, daß hier das Erlebnis der Ewigen Stadt zum geistigen Schicksal eines Menschen geworden ist und auch unter den ungeheuersten Belastungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre nichts von seiner tragenden Kraft verloren hat, sondern anscheinend noch dadurch gesteigert und zum Symbol eines Unverlierbaren geworden ist. Ja wir stehen schließlich so stark unter dem ergreifenden Eindruck dieses geistigen Schicksals, daß sich uns die . Einschränkung des Anfangs in einen Anruf verwandelt, der alle angeht. Denn in einer letzten Tiefe verstanden, hat doch wohl jenes kühne, wenngleich geheimnisvolle Wort recht, das sich uns selber in den letzten Jahren immer wieder gebieterisch aufdrängte: eine Kultur, die noch geliebt wird, kann nicht völlig untergehen! Erst wenn die Herzen sie verlassen haben, vermögen die äußeren Mächte der Zerstörung in sie einzubrechen. Oder waren es wirklich nur die Bombengeschwader des Krieges, die in unseren Städten die edlen

Bauten der Vergangenheit zerstörten, war diese Zerstörung nicht vielmehr das Symbol dessen, daß unser eigener Geist sich bereits weithin von dem Geist der Väter abgewandt hat? Gewöhnen wir uns doch einmal an den Gedanken, daß man eine Kultur nicht nur durch Waffen, sondern auch durch Liebe verteidigen kann! Vielleicht ist Rom nur deshalb allen Verheerungsstürmen der Jahrhunderte zum Trotz die Ewige Stadt geblieben, weil es mehr geliebt wurde als jede andere Stadt der Erde. Vielleicht hat das Buch der Bettina Seipp wirklich vor allem die Mission, uns die Schätze unserer abendländischen Vergangenheit tiefer lieben zu lehren — vielleicht hat es diese Mission gerade in der gegenwärtigen Weltstunde. Denn was könnte uns heute mit tieferem Trost und höherem Mut erfüllen als eben jener Gedanke: Eine Kultur, die noch geliebt wird, kann nicht völlig untergehen.

Gertrud von le Fort

Christentum, Theosophie und Anthroposophie. Von Georg B i c h 1 m a i r S. J. Verlag Herder, Wien.

Es ist der große Vorzug dieser kleinen Schrift, in zwei klar gezeichneten Generallinien das Grundsätzlich-Unterscheidende zwischen dem Christentum der Kirche Christi und dem Pseudo-Christentum des häretischen Neu-gnostizismus aufgezeigt zu haben. Immer wieder weist der Autor darauf hin, daß von diesem Grundsätzlichen nichts „verschmiert“ und verklebt' werden darf, sondern daß es vielmehr zum Zweck der notwendigen Klarstellung der wesentlichen Gegensätze mit eindeutiger Prägnanz herausgestellt werden muß. Denn das Christentum ist immer interessiert an vollkommen eindeutiger Linienführung im Gegensatz zu seinen Imitatoren, welche in ihrem „esoterischen Christentum“ die Mehrdeutigkeit lieben, weil sie sie brauchen. Das Christentum deutet überhaupt nichts aus, sondern es lehrt; es lehrt aus“ der Souveränität des göttlichen Auftrages. Diese Oberhoheit des Christentums gegenüber allen Talmi-Christentümern dem Leser zum Bewußtsein zu bringen, ist dem Autor so voll gelungen, daß man nur eines bei dieser Schrift bedauern kann: ihre Kürze. Eine „geistige Begegnung“ nennt der Autor seine Arbeit und will damit sagen, daß er allen ernsthaft Suchenden seelsorglich die Hand reichen will, um sie über jenen unheilvollen „Spalt“, der zwischen Christentum und Scheinchristentum klafft, herüberzuziehen auf den festen und sicheren Boden christlicher Offenbarung, auch wenn er sachlich im Kampf stehen muß gegen den Irrtum. Alle Toleranz den Irrenden, keine Toleranz dem Irrtum! das Ist die dieser Schrift unausgesprochen zugrunde liegende Parole.

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