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Aktueller Nahost-Report
ARABIEN NACH DER STUNDE NULL. Von Louis Barcata. Ein Augenzeugenbericht. Verlag Fritz Molden, Wien-Frankfurt-Zürich, 1968. 383 Seiten. S 124.—.
ARABIEN NACH DER STUNDE NULL. Von Louis Barcata. Ein Augenzeugenbericht. Verlag Fritz Molden, Wien-Frankfurt-Zürich, 1968. 383 Seiten. S 124.—.
Was für den einzelnen Menschen gilt, das gilt auch für den Staat: Wenn er die Wahrheit nicht hören will, muß er sie fühlen. Der „Sechstagekrieg“ zwischen Israel und den arabischen Staaten im vorigen Jahr hat es wieder einmal bewiesen. Wenn auch jeder Normalfühlende den Haß der Araber gegen die Israelis verstehen wird, so ist die Welt sich doch gerade deswegen auch darüber einig, wer hier der Aggressor war; ohne diesem die alleinige Schuld am Krieg geben au wollen, dessen Ausbruch im Juni vorigen Jahres uns Anlaß zu einem traurigen Gedenken gab.
Das von dem bekannten österreichischen Publizisten Barcata geschriebene und im stet® sehr rührigen Molden-Verlag erschienene Buch über Nachkriegsarabien nimmt der Leser mit Zagen und nicht ganz reinem Gewissen zur Hand. Man meint plötzlich in dieser Sache zu sehr nach dem Gefühl und deshalb falsch geurteilt zu haben. Aber bald erkennt man. daß der Autor unser Gefühl nur bestätigen kann. Genauer Kenner des Nahen Ostens seit langem, hatte er wenige Wochen nach Kriegsende ausgedehnte Reisen dorthin unternommen und den Auswirkungen der Niederlage nach- gespürt. Er erlebte ein vor Wut sprachloses, aber auch verwandeltes Arabien, das zwar unfähig schien, das Geschehene als solches hinzunehmen und das doch seit dem Zusammenbruch zu begreifen angefangen hatte, was die Stunde geschlagen. Keiner der vom Autor interviewten Persönlichkeiten ließ allerdings eine solche Einsicht laut wer den. Aber aus dem Ergebnis der Konferenz von Khartum, wo die Gemäßigten triumphierten, sprach sie laut genug.
In den einzelnen Staaten, in Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, Jemen, Südjemen, Irak, Kuweit, Syrien, Libanon, Marokko, Algerien, Tunesien, Lybien, erlebt der Verfasser während seines Aufenthaltes ein sehr unterschiedliches Verhalten der Bewohner in der ihnen nun aufgezwungenen Rolle der Besiegten. Er kommt im ganzen zu dem Schluß, daß eine echte Bereinigung des Konflikts zwischen den Gegnern von innen her nicht möglich sein werde, sondern nur von außen durch die Supermächte Rußland und USA geschehen könnte, wenn diese ihre Waffenlieferungen einzustellen bereit wären. Denn ein Ersatz von Seiten Chinas sei nicht zu besorgen, wenigstens vorläufig, noch sei Selbstherstellung von Waffen zu befürchten, in welchem Falle Israel weitaus überlegen sein würde.
Das Buch ist viel interessanter geschrieben, als eine Zusammenfassung ahnen lassen kann. Der Verfasser schildert seinen persönlichen Umgang mit Staatsmännern, Königen und Diktatoren, wobei er deren Antworten auf seine freimütigen Fragen oft wörtlich wiederholt, und stellt ein so lebendiges Bild vor uns hin, daß wir von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt sind. Geistvolle politische und psychologische Betrachtungen und wissenschaftliche Nüchternheit zeichnen diesen Augenzeugenbericht aus, der Weltformat besitzt.
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