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Anhanger verloren?
Eine solche Zusammenkunft hätte es in den dreißiger Jahren nicht gegeben; die Mensxchen hätten offenbar doch aus der Geschichte gelernt. Zum Abschluß dankte der Redner dafür, daß er diese Erfahrung abermals machen habe dürfen.
Der Redner war Bundeskanzler Bruno Kreisky, der wieder einmal vor Mitgliedern des Cartellverban-des das Wort ergriff. Vor nicht allzu langer Zeit hatte Kreisky nicht wenige CVer damit überrascht, daß er vor ihnen über Patriotismus und die „gute alte Zeit“ (worüber sonst?) sprach.
Diesmal sprach Kreisky, der sich offenbar die höheren Weihen nicht nur beiden Liberalen, sondern jetzt auch in katholischen und bürgerlichen Kernschichten holen will, gemeinsam mit Josef Taus und Weihbischof Florian Kuntner über das Verhältnis zwischen Parteien und Kirche. Im Gegensatz zu manchen seiner älteren Genossen, die heute noch den legendären Hainfelder Parteitag als das Bethlehem der österreichischen Sozialdemokratie bezeichnen, meinte Kreisky, eine Partei dürfe sich nicht dorthin drängen, wo beim Menschen die Religion ihren Platz habe. Nicht genug damit: Kreisky ließ noch mehr Wasser auf die Mühlen der katholischen CVer rinnen, indem er behauptete, das gute Verhältnis zur Kirche habe die SPÖ sogar Anhänger gekostet.
Normalerweise weiß ein Kreisky, was er tut. Er hat sicher auch seine eigene Version, warum er sich das Verhältnis zur Kirche ein paar Anhänger kosten läßt: Die Repolitisierung des katholischen Lagers ist derzeit im Gange. Nach den Erfahrungen rund um die Fristenlösung haben offenbar in der Kirche und im kirchennahen Bereich jene Menschen die Oberhand, die nichts für „falscher“ halten als den Rückzug der Kirche in die Sakristei. Ein Mann dieser Generation scheint auch Weihbischof Kuntner zu sein, der meinte, Äquidistanz der Kirche zu den politischen Parteien sei unmöglich. Eine Partei stehe der Kirche um so näher, ,je mehr ihr Programm und ihre faktischen Handlungen der Botschaft Jesu nahekommen“.
Das Programm der SPÖ befindet sich bekanntlich derzeit beim Änderungsschneider, die faktischen Handlungen werden zumindest die Katholiken bei den nächsten Wahlen kritisch beurteilen: Dürfen's noch ein paar Anhänger sein?
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