6703614-1963_42_07.jpg
Digital In Arbeit

Reform gegen den Überfluß

Werbung
Werbung
Werbung

Auch die Kaffeebarone rufen nach Reform, schon lange. Nicht aus Mangel, vielmehr weil sie im Überfluß ihrer Ernten ersticken. Von den 2,5 Milliarden Sträuchern ist eine Milliarde zuviel, sie muß herausgerissen werden. Vor zwei Jahren hat man begonnen. Ein Heidengeld kostet diese Reform. Die frühere Methode war nicht weniger kostspielig, man ließ von Bolivien Erdöl kommen, übergoß damit die Kaffeeberge und zündete sie an. Die Sonne verfinsterte sich vor dieser Schande. Bis zu 30 Millionen Sack war manchmal der Überschuß einer Ernte. Schon längst sind die alten Kaffepiantagen von Sao Paulo ausgesogen, verlassen. Die Erosion hat eine Million Hektar in Mondlandschaften verwandelt. Kein Vogel, keine Maus kann dort leben. Eine „volkswirtschaftliche“ Seheiiswürdigkeit: diese Schändung :der Mutter Erde.

Gibt es überhaupt keinen Bauernstand? Es gibt keinen, von einigen Dutzend Musterfarmen abgesehen und von den Südstaaten, wo italienische, deutsche, polnische und japanische Einwanderer seit 140 Jahren siedeln. Wenn in den Vereinigten Staaten vier Millionen Menschen zur Ernährung einer Stadt von fünf Millionen Einwohnern nötig sind, dann sind in Brasilien 40 Millionen notwendig. Nicht zu verwundern, daß viele nicht wissen, was Brot ist. Was nützen auch die reichen Ernten an Reis, Kartoffeln, Mais im Süden, wenn es keinen Transport gibt? Dort verfault der Überfluß, im

Norden verhungern die Menschen. Noch heute gibt es Haup.Städte von Staaten, die noch keinen Lokomotiv- pfiff gehört haben.

Kein Geld für die Bauern

Für alles hatten die Regierungen Geld, nur nicht für den Bauern. Fragt jene Kolonisten! Daß es eine Bundesregierung gibt, anworten sie, wissen wir nur aus dem Steuerzettel. Von Silo, Transport, Kredit und Saatgut wird schon lange geredet. Für das Heer mit seinen 500 Feldmarschällen und Generälen werden 30 Prozent des Haushalts verpulvert, das Landwirtschaftsministerium muß sich mit drei Prozent begnügen. Millionen Menschen verließen in Lateinamerika das Land und zogen in die Industriezentren — nicht wegen 4er lib'hett Löhne,. bhdern aits'Wütiger. Statt Menschen nahmen Viehherden vom Lärid"Besitz."

Hier ist keine Zeit mehr zu verlieren, Brasiliens Kubanisierung macht mit der Windeseile eines Steppenbrandes Fortschritte. Die Kirche ist erwacht und die Aktion der Laien. In vorderster Linie stehen einige Bischöfe, welche die soziale Gerechtigkeit über den Frieden stellen. Schon in den Nachkriegsjahren erhoben sie ihre Stimme, vergeblich. Als Männer der Tat schlugen sie den Weg querfeldein, sie organisierten die rebellischen Landarbeiter in Syndikaten und machten sie seßhaft. Aus Wüsteneien zauberten sie Siedlungen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung