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Bürgerinitiative in den Gemeinderat?
Was die Salzburger Parteien befürchtet haben, ist eingetreten: Bei den Gemeinderatswahlen in der Stadt Salzburg am 2. Oktober wird neben ÖVP, SPÖ und FPÖ auch eine Bürgerinitiative kandidieren. Eine große Unbekannte hat sich damit in das Salzburger Wahlgeschehen eingeschlichen. Bis zuletzt war es nicht klar, ob die Bürgerinitiative, die bei ihrer Kampagne gegen eine Verbauung von Salzburgs Süden und gegen die Verschandelung Salzburgs im allgemeinen an die 30.000 Unterschriften sammeln konnte, auch tatsächlich als wahlwerbende Gruppe auftreten würde.
Meinungsverschiedenheiten darüber gab es in der Bürgerinitiative selbst genug. Während der jetzige Listenführer, Bäckermeister Richard Hörl, und der Listenzweite, Filmbösewicht Herbert Fux, stets für eine Kandidatur eintraten, war diese Entscheidung für den aktiven Mitstreiter Dr. Christian Walderdorff Grund für den Absprung. Die Kandidaten der Partei „Vereinigte Bürgerinitiativen rettet Salzburg“ kommen aus allen politischen Lagern. Spitzenkandidat Richard Hörl, ein Schulrat und ein Sparkassenangestellter * waren beziehungsweise sind ÖVP-Mitglieder, der Schauspieler Herbert Fux dient als prominentes Aushängeschild. Mit von der Partie sind auch ein Richter, eine Hausfrau, eine Pensionistin, eine Malerin, ein SPÖ-nahestehender Maler und ein Landesangestellter.
Wie viele der 40 Gemeinderatsmandate von den Bürgerinitiativen erobert werden, ist völlig ungewiß. Herbert Fux, der ein eigenes Programm seiner „Partei“ für überflüssig hält, rechnet mit zwei bis drei Gemeinderatssitzen.
Die unbekannte Größe „Bürgerinitiativen“ verunsichert jedenfalls (jie traditionellen Parteien der Stadt Salzburg. Wem wird diese Kandidatur die meisten Stimmen kosten? Am schärfsten wird von der Bürgerinitiative FP-Vizebürgermeister Waldemar Steiner angegriffen - unter anderem in seiner Doppelfunktion als Notar und Politiker. Er, der seit Jahren für die
Planungen in der Mozartstadt ressortzuständig ist, versuchte in einer „unschönen“ Aktion die Flucht nach vorne anzutreten, sich von jeder Verantwortung abzuputzen und stellte sein Programm unter das Motto „Kampf den Bausünden“ (für die er selbst zumindest mitverantwortlich ist). Die gereizte und verärgerte Reaktion der beiden anderen Parteien, vor allem des sozialistischen Klubobmannes Süka war verständlich. Süka preschte sogar bis zur Forderung nach dem Rücktritt Steiners vor.
Dem aus dem Urlaub zurückgekehrten VP-Vizebürgermeister Dr. Franz Kläring blieb es Vorbehalten, die hochschlagenden Wellen in väterlicher Manier wieder etwas zu glätten. Die penetrante Popularitätshascherei des blauen Spitzenmannes ist verständlich: Verliert er ein Mandat, ist der Sessel des Vizebürgermeisters verloren und Steiner muß seinen Traum von einer bundespolitischen Karriere (er wird immer wieder als Peter-Nachfolger genannt) begraben.
Ziemlich ruhig kann die SPÖ dem 2. Oktober entgegenblicken. Ihr freundlicher, aber farbloser Spitzenkandidat, Bürgermeister Heinrich. Salfenauer, hat in den letzten fünf Jahren kaum Initiativen gesetzt und konnte damit auch keine Fehler begehen. Es wird schwer sein, ihm außer Untätigkeit etwas vorzuwerfen. Sein vages Programm „Humane Stadt“ unterstützt diese Tendenz.
Anders VP-Vizebürgermeister Dr. Franz Kläring. Ihm sind vor allem die Parkgaragen und die Einrichtung der Fußgängerzone zu verdanken. In regelmäßigen „Stadtgesprächen“ zieht Dr. Kläring mit seinen VP-Mannen seit Jahren wie ein Wanderprediger durch die Stadt um die Wünsche der Bevölkerung kennenzulernen, seine Entscheidungen zu begründen. Die ÖVP übertitelte deshalb auch ihr Programm mit „Bürgermitbestimmung“.
Derzeit lautet die Mandatsverteilung im Salzburger Rathaus: 17 SPÖ, 14 ÖVP, 9 FPÖ. Wie es nach dem 2. Oktober aussehen wird, ist völlig offen.
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