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Sturm auf das Rathaus

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Samstag vormittag auf dem Salzburger Grünmarkt: Wer bei seinen Wochenendeinkäufen sehen und gesehen werden will, stürzt sich in den Trubel.

Auch Salzburgs Lokalpolitiker scheinen eine regelrechte Vorliebe für Grünmarkt und Donners-tags-Schranne entwickelt zu haben. Hier plaudert der liebenswürdig lächelnde FPO-Kandidat Waldemar Steiner mit einem Mann aus dem Volke, dort erinnert der — fast scheint's allgegenwärtige — Bürgermeister und SPO-Kandidat Josef Reschen mit emsig verteilten ZündholzschaHüterin daran, wieviel seine Partei in den letzten Jahren für Salzburg geleistet hat.

Der „spartanisch sparsame” Wahlkampf, so die von den Parteien ausgegebene Devise für die Salzburger Gemeinderatswahl am 3. Oktober, biegt in die Zielgerade.

Mittlerweile haben sechs Listen ihre Kandidatur angemeldet. Neben den vier im Gemeinderat vertretenen Parteien SPO, ÖVP, FPÖ und Bürgerliste sind dies die KPO und die „Volkstreue Liste für soziale Ordnung - Gruppe Rebhandl”. Dieser umstrittene Ableger der NDP Norbert Burgers, der seine Kandidatur auf nur 123 Unterschriften stützt, wurde jüngst von der Salzburger SPO bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Es soll geprüft werden, ob ein kurz zuvor verteiltes Flugblatt dieser Gruppierung gegen das Verbotsgesetz von 1945 verstößt.

Die sogenannte „Bürgerliste”, bisher mit zwei Mandaten im Gemeinderat vertreten, darf nach ersten Prognosen auf zwei weitere hoffen. Ihrem prominenten Vertreter, Gemeinderat und Schau-

Spieler Herbert Fux, liegen „spezielle Salzburg-Probleme” am Herzen.

Sind die Bürgerlisten-Vertreter die „Grünen” der Mozartstadt? „Wir verstehen uns weniger als Partei, sondern als eine im Gemeinderat vertretene Bürgerinitiative. Natürlich reichen unsere Anliegen in das grüne Spektrum hinein” (Herbert Fux).

Ein Erfolg der Bürgerliste (1977 gab ihr jeder 20. Salzburger die

Stimme), die mit vier Mandaten ein Mitspracherecht in allen Ausschüssen hätte, könnte nach den Erfahrungen bei der letzten Gemeinderatswahl sowohl zulasten von SPÖ, ÖVP und FPÖ gehen. Theoretisch hält dies der Wahlkampfleiter der OVP, Schmid, auch für möglich, glaubt jedoch praktisch weiterhin nur an „zwei Mandate für die Bürgerliste”.

Trotz anderer Prognosen hoffen jedoch sowohl die OVP mit ihrem Spitzenkandidaten, dem Vizebürgermeister Gerhardt Bacher, wie auch die SPO mit Bürgermeister Reschen auf das Halten des bisherigen Mandatsstandes von 14 beziehungsweise 16 Mandaten. Nur FPÖ-Vizebürger-meister Steiner befürchtet, daß ein Gewinn der Bürgerliste auf Kosten seiner Partei ginge.

Auffallend beim diesjährigen Wahlkampf ist der Gleichklang der Argumente der einzelnen Parteien. Die SPÖ ruft zum „Kampf der Wohnungsnot” auf, verspricht billigere Wohnungen und versichert, daß beim „Umweltschutz: jeder Baum zählt”. Auch die ÖVP will sich für den Umweltschutz und gerechtes Wohnen, für mehr Sicherheit, aber auch mehr Sparsamkeit und gegen alle Bürokratieauswüchse einsetzen.

Da sich die Aussagen kaum unterscheiden, dürfte es den Mitkonkurrenten schwerfallen, den amtierenden Stadtchef Reschen auszustechen: Hat er da nicht vor kurzem sämtliche Salzburger Haushalte anrufen lassen, um sich nach den Wünschen und Beschwerden der Bevölkerung zu erkundigen?

Offen bleibt die Frage, wer dieses „Kundenservice” bezahlt hat, dessen Werbewirksamkeit außer Zweifel steht.

So präsentieren sich alle ernst-zunehmenden wahlwerbenden Parteien als bürgerfreundlich, umweltbewußt und sparsam, kurz: um Salzburg und seine Bürger bemüht. Sie haben, wenn sie in Kürze die Gemeinderäte stellen, schließlich auch schwierige Aufgaben zu bewältigen. Denn auch in der schönen und nach wie vor nicht nur von den Touristen geschätzten Festspielstadt gibt es dringende Probleme: Das Budget ist in einem desolaten Zustand, viele Wohnungssuchende können sich die zwar vorhandenen, aber zu teuren Wohnungen nicht leisten und die Altstadterhaltung bringt gerade in Salzburg ständig neue Probleme.

„Den Stadtpolitikern fehlt der Mut”, meinte kürzlich der Handelskammerpräsident und Wirtschaftsbundobmann Rudolf Friese selbstkritisch. Aus Mangel an Sachverstand, Weitblick und Orientierungssinn, glaubt Friese, fällten sie keine unpopulären Entscheidungen und schadeten damit nicht nur der Wirtschaft.

Die künftigen Stadtväter werden diese Vorwürfe, Wasser auf die Mühlen der Bürgerinitiative, überzeugend widerlegen müssen.

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