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Digital In Arbeit

Das drittbeste Mediengesetz

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Rund zwei Jahrzehnte wurde über ein neues Mefiiengesetz diskutiert. Am 12. Juni wurde es im Nationalrat gemeinsam von SPÖ und FPÖ, gegen die Stimmen der ö VP, beschlossen. Für Günther Nenning ist es nur das drittbeste Mediengesetz.

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Rund zwei Jahrzehnte wurde über ein neues Mefiiengesetz diskutiert. Am 12. Juni wurde es im Nationalrat gemeinsam von SPÖ und FPÖ, gegen die Stimmen der ö VP, beschlossen. Für Günther Nenning ist es nur das drittbeste Mediengesetz.

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Ein Politiker hält sich die Muske des Privatmannes vors Gesicht und sagt zum Journalisten: „In meinem Privatleben darfst du nicht herumstierln. Wie ich zu meinem Geld kam, zu meiner Villa, zu meiner Firma - geht dich nichts an."

Eine Zeitlang sah es so aus, als würde das neue Mediengesetz einen solchen „Maulkorb" eingebaut kriegen. Durch heftige Anstrengung der gewerkschaftlich organisierten Journalisten, gemeinsam mit dem Herausgeberverband, ist nun in diesem Punkt die Freiheit der Berichterstattung und des kritischen Kommentars weitgehend sichergestellt.

Zum Unterschied vom vorangegangenen Pressegesetz und der Gesetzgebung anderer gut demokratischer Staaten verzichtet das neue Mediengesetz fast völlig auf strafgesetzliche Verfolgung von Journalisten und beschränkt sich im wesentlichen auf Geldbußen. Durch gemeinsame Bemühung der Sozialpartner im Medienwesen konnten noch im letzten Augenblick vor Gesetz-werdung zu hohe Geldbußen halbiert bis gedrittelt werden.

Der Gesetzestext enthält wesentliche Verbesserungen für die journalistische Praxis: Abschaffung des verantwortlichen Redakteurs (der oft für etwas gestraft wurde, wofür er nicht verantwortlich war); Erschwerung der Beschlagnahme von Zeitungen; Stärkung des Redaktionsgeheimnisses; weitgehender Schutz vor Hausdurchsuchung und Telefonabhören.

Neu ist auch, daß der Journalist für inkriminierte Tatsachenbehauptungen keinen Wahrheitsbeweis erbringen muß - zum Unterschied von allen anderen’ Staatsbürgern. Beim Journalisten

genügt der Nachweis, er habe gute Gründe gehabt, eine Meldung für wahr zu halten. Es war auch in den Reihen der Regierungspartei nicht leicht, die Überzeugung zu vermitteln, daß eine so weitgehende Privilegierung im Interesse einer raschen, umfassenden und kritischen Berichterstattung zweckmäßig und für die Demokratie nützlich sei.

Durch die neuen Bestimmungen über Entgegnung, die auf den ersten Blick ein wenig kompliziert aussehen, wird eine doppelte Wirkung erreicht. Einerseits wird dem einfachen Staatsbürger ein weitgehendes Entgegnungsrecht und auch die richterliche Mithilfe dabei eingeräumt. Andrerseits kann sich die Presse von schikanösen,, wiederholten und nachweislich unwahren Entgegnungen völlig freihalten.

Das Gesetz liefert außerdem eine sicherejuristische Grundlage für Redaktionsstatuten, also für Verträge zwischen Journalisten und Medieneigentümer, mit denen ein innerer Freiheitsraum für Redakteure geschaffen werden soll - nicht zwangsweise, wohl aber dann, wenn beide Vertragspartner solche Statuten wollen.

Von der Regierungspartei wurde der gewerkschaftlichen Organisation der

Journalisten ausdrücklich angeboten, daß deren Mitwirkung bei der Vereinbarung von Redaktionsstatulen gesetzlich verankert wird. Die Gewerkschaft hat dies mit dem Bemerken abgelehnt, daß sie stark genug sei, eine solche Mitwirkung auch ohne gesetzlichen Schutz jeweils durchzusetzen. Dies war bei allen bisher vereinbarten Redaktionsstatuten auch tatsächlich der Fall.

Weit größeren Freiheitsraum als bisher kriegt durch das neue Gesetz die Jugend- und Schülerpresse. Demokratie ist kein Gegenstand, bei dem es um das Auswendiglernen von irgendwelchen Daten geht, sondern sie muß von den jungen Menschen durch pi-aktische Ausübung begriffen werden und dazu gehört insbesondere die eigene Erfahrung mit selbsthergestellten Kleinmedien.

Durch einheitliches Auftreten haben die Sozialpartner herausgeholt, was herauszuholen war. Leider blieb das Gesetz ein Fisch ohne Kopf. Da die politischen Parteien sich nicht einigen konnten, fehlen einleitende Verfassungsbestimmungen. Sie müßten nicht nur die volle Freiheit der Medien, sondern auch ihre Vielfalt umfassend regeln. Monopole sind immer schlecht.

Wir brauchen also zum neuen Mediengesetz recht bald eine Novelle oder ein weiteres Gesetzeswerk.

Das beste Mediengesetz ist gar keines. Das zweitbeste wäre eines, das zur Gänze den Vorstellungen der in den Medien Tätigen entspricht. Das drittbeste ist das Mediengesetz, wie es jetzt beschlossen wurde. Es ist recht gut.

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