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Das Ländle als sensibles Barometer

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Eineinhalb Jahre wurde vergeblich nach Udo Proksch gefahndet. Jetzt ist er statt in London unfreiwillig in Wien gelandet. Und im Wiener Landesgericht.Im ,LandP.

Das große Zittern beginnt. Udo will auspacken. Dem kapitalen Kriminalfall „Lucona“, da geht es um Mord und Betrug, und dem von Parteifreundschaft und Kumpanei geprägten politischen Skandal wird ein neues Kapitel angefügt.

Vergleichsweise ist im „Nori-cum“-Skandal erst das Vorwort geschrieben. Trotzdem hat er wieder ein „Opfer“ gefordert: Helmut Krünes, Ex-Verteidigungsminister und niederösterreichischer FPÖ-Klubobmann hat eingepackt, ist über eine 100.000-Schilling-Wahl-kampfspende aus der „Noricum“-Schatulle gestolpert. Er hat, das spricht für ihn, von sich aus Konsequenzen aus der entstandenen schiefen Optik gezogen.

Die Ereignisse, gerichtliche Erhebungen und parlamentarische Untersuchungen überstürzen sich. Das politische Klima wird im Schlagschatten der Skandale zunehmend gereizt und frostig. Das sind nicht die Vorboten, das ist bereits der Wahlkampf.

Kein Wunder daher, wenn die Wiener Parteizentralen jetzt gespannt nach Vorarlberg blicken, das am kommenden Sonntag seinen neuen Landtag wählt. Vorarlberg ist ein gutes politisches Barometer, auch wenn es „nur“ um eine landespolitische Entscheidung geht.

Im Ländle-hat 1984 begonnen, was die politische Landschaft in Österreich nachhaltig verändert hat: die grüne Premiere, der Einzug der Grün-Alternativen in ein (Landes-) Parlament. Kaspanaze Simma, dessen Stern verblaßt ist, war der „Medienstar“.

Ermöglicht hat den grünen Erfolg die traditionell hohe Mobilität und die - für Österreich ungewöhnlich ausgeprägte - Wechselbereitschaft der Vorarlberger Wähler. Allgemeine Politikverdrossenheit und Unzufriedenheit mit den Parteien hat für „Abwechslung“ gesorgt.

Erstmals müssen sich jetzt aber grüne Mandatare - noch dazu in zwei Gruppierungen zerfallen- dem Wählerentscheid stellen. Dazu kommt die Konkurrenz der FPÖ als Protestpartei, auch wenn Jörg Haider der Vorarlberger FPÖ mit Harald Jörg als Spitzenkandidat in Bregenz vielleicht eher einen Bärendienst erwiesen hat. Und dazu kommt, daß ÖVP und SPÖ ihr Schockerlebnis - mit fünfprozenti-gen Stimmenverlusten - schon 19 84 gehabt haben.

Vom Halten der absoluten Mandatsmehrheit hat Landeshauptmann Martin Purtscher seine politische Zukunft abhängig gemacht. Sie könnte halten, auch wenn die ÖVP knapp unter 50 Prozent Stimmenanteil absinkt.

Die Ländle-Wahlen sind ein verläßliches Polit-Barometer für die Stimmungs- und Stimmenschwankungen in Österreich. Und nicht nur Purtschers Zukunft hängt vom Ausgang ab.

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