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Der blaue Mann und die Stille

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Sieht man davon ab, daß Handelsminister Josef Staribacher in Kärnten (angeblich) einem Badesee Trinkwasser entnommen und sogleich verkostet hat, ist der politische Sommer des heurigen Jahres eher arm an Sensationen. Die Spitzenpolitiker der beiden großen Parteien sehen sich zwischen dem Erschöpfungszustand der Wahlkampfgeplag-ten und der kontemplativen Ruhe der zu neuen Taten Rüstenden förmlich hin- und hergerissen.

Selbst von Kanzler Bruno Kreisky weiß man in diesen stillen Tagen nur, daß er sich auf Mallorca zurückgezogen hat und dort nicht den Wiener Kardinal empfängt und ebenso auf Vizekanzler Hannes Androsch natürlich nicht böse ist. Und den spärlichen Erklärungen von ÖVP-Politi-kern werden weiterhin Schlußsätze wie „herzliche Grüße vom Wolfgangsee“ vom Parteipressedienst konsequent herausgestrichen.

Wer nun glaubt, stiller als in den beiden Großparteien könne es nur innerhalb der Gemäuer des Kernkraftwerkes Zwentendorf sein (wie lange übrigens noch?), der hat sich kräftig geirrt: Allein die FPÖ, namentlich ihr Obmann Alexander Götz, brachte es zuwege, so still zu sein, daß diese Art von extremer Stille längst in wildes Geschnatter und Getratsche umgeschlagen ist.

Die Rede ist von den Präsidentenwahlen des Jahres 1980. Nach der unnotwendig frühzeitigen Ausrufung Rudolf Kirchschlägers zum Kandidaten der SPÖ fühlten sich die Sozialisten in der Rolle der Schadenfrohen: ob des offenbar programmierten Ausrutschers der ÖVP. Dann war die Schadenfreude auf der Seite der ÖVP, weil sie mit der Bekanntgabe ihrer Nicht-Kandidatur den Sozialisten die Show gestohlen hat.

Und jetzt herrscht Schadenfreude im Lager beider Großparteien. Wohl unter dem Motto: Wenn zwei sich freuen, streitet der Dritte.

Nicht einmal ein Jahr nach der mit Jubel begrüßten Wahl von Alexander Götz zum neuen Bundesparteiob-mann der Freiheitlichen ist die große Ernüchterung eingetreten. War schon das Leisetreten des Grazer Bürgermeisters unmittelbar nach dem 6. Mai auffallend, so kann seine wochenlange sardinische Diskussionsverweigerung nur noch als mangelnder Realismus (was man gerade bei Götz bisher nicht vermutet hätte) und schwindende Autorität begriffen werden. Ging es doch schließlich um die spannende Frage, ob die Freiheitlichen die Gelegenheit beim Schopf packen und durch einen eigenen Kandidaten - neben Kirchschläger - von sich reden machen oder nicht.

Die Ansicht des Obmannes in Ehren: Natürlich kann die FPÖ durch nichts dazu gezwungen werden, bereits jetzt eine Entscheidung zu fällen. Aber wenn diese noble Ansicht nur Alexander mit Götz teilt, während die anderen FPÖ-Spitzen die Gerüchtebörse in Schwung halten, dann dürfte der freiheitliche Obmann sein Image als „blauer Macher“ bereits ziemlich verbraucht haben.

So stellt sich in sommerlicher Stille die folgende Frage: Ob nicht Friedrich Peter, wäre er noch FPÖ-Ob-mann, auf eine weniger stille Art still und damit erfolgreicher gewesen wäre...

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